Der Cholera-Erreger Vibrio cholerae hat sich innerhalb der sieben bekannten Pandemien verändert – und dabei auch Vorgänger verdrängt. Deutsche Forscher fanden nun heraus, wie sich die Cholerastämme verändert haben.
Das Bakterium Vibrio cholerae ist der Erreger der Durchfallerkrankung Cholera und verantwortlich für sieben bekannte Pandemien. Anders als vorherige Pandemien wird die jetzige, siebte Pandemie durch Cholerastämme eines leicht veränderten Typs hervorgerufen. Wie kam es zur Entwicklung und Ausbreitung der veränderten Cholerastämme, was könnte zu deren Erfolg beigetragen haben?
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie Plön und der CAU Kiel haben in einem internationalen Team nun neue Erkenntnisse gewonnen, die einen Einblick in die Interaktionen zwischen Cholerabakterien gewähren.
In ihrer natürlichen Umgebung sind Bakterien dem Wettkampf mit anderen Bakterien um Platz und Nährstoffe ausgesetzt. Dabei helfen ihnen molekulare Mechanismen, sich zu behaupten. Ein solcher Mechanismus ist das Typ 6 Sekretionssystem (T6SS), mit dem ein Bakterium toxische Proteine in ein benachbartes Bakterium transportiert und dieses dadurch umbringt. So gelingt es Cholerabakterien der siebten Pandemie, mit ihrem T6SS andere Bakterien in Schach zu halten und vermutlich leichter eine Infektion auszulösen.
Nun hatten Forscher die besondere Möglichkeit, das T6SS von Cholerabakterien aus früheren Pandemien zu untersuchen. Dazu wurde unter anderem in einem aufwendigen Verfahren die T6SS Genomsequenz von Cholerabakterien der 2. Pandemie von einem Museumsstück aus dem 19. Jahrhunderts rekonstruiert und im Labor nachgebaut. Dabei konnten die Wissenschaftler zeigen, dass Cholerabakterien der 2. und 6. Pandemie kein funktionsfähiges T6SS besitzen. Dadurch fehlt den Bakterien früherer Pandemien nicht nur die Möglichkeit, andere Bakterien zu attackieren, sie werden auch selbst von Bakterienstämmen der siebten Pandemie umgebracht. Dies könnte einer der Gründe dafür gewesen sein, dass ältere Cholerastämme von veränderten Cholerastämmen der siebten Pandemie verdrängt wurden und heute kaum noch zu finden sind.
Daniel Unterweger, einer der Autoren der Studie und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut in Plön, sagt dazu: „Mit diesen Erkenntnissen unterstützen wir die Theorie, dass der mikrobielle Wettbewerb zwischen Bakterien für das Verständnis von Krankheitserregern und bakteriellen Pandemien sehr wichtig ist. Ermöglicht wurde unsere Forschung an dem Cholerabakterium durch ein am Institut neu eingerichtetes S2-Labor. Darin können wir unter den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen Experimente mit bakteriellen Krankheitserregern durchführen. Die Studie enthält mit die ersten Daten aus dem neuen Labor.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
Bildquelle: Ruslan Bardash, unsplash