Der Ruf der Allgemeinmedizin ist besser als vermutet. In einer Umfrage unter Medizinstudenten belegt sie bei den angestrebten Facharztrichtungen Platz eins. Beim Wahltertial im PJ findet sie sich auf Platz 5, würde bei der Option eines zweiten Wahlabschnitts aber auf Platz zwei vorrücken.
An der Umfrage des Hartmannbundes zum „Masterplan Medizinstudium 2020“ nahmen mehr als 7.500 Medizinstudierende teil. „Offensichtlich hat sich bei vielen Medizinstudierenden die Erkenntnis durchgesetzt, dass die hausärztliche Tätigkeit anspruchsvolles ärztliches Handeln darstellt“, kommentiert der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, diese Ergebnisse. Noch sei die Allgemeinmedizin im Medizinstudium ohne Frage nicht dort, wo sie hingehöre – nämlich viel stärker an den Anfang des Studiums und studienbegleitend flächendeckend in den Curricula verankert. Die Erhebung belege aber, dass keine Zwangsmaßnahmen zur Förderung der Allgemeinmedizin gebraucht würden – wie etwa ein Pflichtabschnitt im PJ. Neben dem zweiwöchigen Blockpraktikum und der einmonatigen Pflichtfamulatur in der hausärztlichen Versorgung gebe es bereits an vielen Fakultäten Institute oder Lehrstühle für Allgemeinmedizin und von Jahr zu Jahr mehr PJ-Plätze für das Wahltertial in der Allgemeinmedizin. Auf deutliche Ablehnung treffe ein Pflichtabschnitt in der Allgemeinmedizin zudem auch bei der Mehrheit der Umfrageteilnehmer. Nur 7,9 Prozent fänden demnach ein Pflichtquartal in der Allgemeinmedizin attraktiv, die Mehrheit (74,7 Prozent) befürwortete ein Modell aus zwei Pflichtquartalen (Chirurgie und Innere) und zwei Wahlquartalen. „Der Hartmannbund spricht sich seit längerem für eine Quartalslösung aus, da sich die Studierenden so besser für ein Weiterbildungsfach entscheiden könnten“, sieht Theodor Uden, der Vorsitzende des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund, diese Position bestätigt. Ein ganz klares „Nein“ (70 Prozent) gebe es von den Umfrageteilnehmern hinsichtlich der Frage, ob Bewerber im Zulassungsverfahren bevorzugt werden sollten, wenn sie sich vor dem Medizinstudium bereit erklärten, für einen bestimmten Zeitraum als Hausarzt in unterversorgten Regionen zu arbeiten bzw. sich niederzulassen.
Was ist den Umfrageteilnehmern noch wichtig? Fast alle befürworteten die Einführung eines bundesweit einheitlichen, für alle Fakultäten verpflichtenden Lernzielkatalogs. Ebenfalls groß sei der Wunsch nach einem früheren Praxisbezug. Viele der Befragten hätten erst zu einem sehr späten Zeitpunkt persönlichen Patientenkontakt – ein Drittel erst im 5. Fachsemester. Ebenfalls intensiviert werden solle der Anteil von Lehrveranstaltungen zur Stärkung der wissenschaftlichen Kompetenz. Den Vorschlag des Wissenschaftsrates, eine verpflichtende wissenschaftliche Forschungsarbeit einzuführen, lehne die Mehrheit dagegen ab. „Mit diesen umfangreichen Ergebnissen und der hohen Teilnehmerzahl belegen die Medizinstudierenden des Hartmannbundes, wie wichtig ihnen die Zukunft ihres Studiums ist und dass sie bei dessen Gestaltung mitreden wollen“, so Reinhardt mit Blick auf den Teilnehmerrekord. Noch nie hätten so viele Medizinstudierende an einer HB-Umfrage teilgenommen, die sich detailliert mit der aktuellen Situation – Zulassungsverfahren, Curriculum, Promotion, PJ, Allgemeinmedizin – und der Zukunft des Medizinstudiums befasst. Hintergrund sei die Arbeit der Bundesregierung an einem „Masterplan Medizinstudium 2020“. Auch wenn hier die Arbeit noch am Anfang stünde, habe man sich entschlossen, im Vorfeld die derzeit 25.000 studentischen Mitglieder nach ihrer Einschätzung zu befragen. Diese gewichtige Stimme solle bei der Reformierung des Medizinstudiums nicht ignoriert werden.