Mit dem Antiandrogen Finasterid steht möglicherweise eine neue Therapieoption gegen Herzinsuffizienz zur Verfügung, die bis dato in der Behandlung der Prostatahyperplasie zum Einsatz kommt. Im Mausmodell konnte Finasterid eine Herzinsuffizienz rückgängig machen.
Frauen vor der Menopause, die von einer Herzinsuffizienz betroffen sind, haben im Vergleich zu Männern eine längere Lebenserwartung. Auch bei anhaltend hohem Bluthochdruck, einer Aortenklappenstenose und krankhaftem Herzwachstum ist ihre Prognose besser. Experten vermuten, dass dies nicht allein an einem möglichen Schutz des Herzens durch weibliche Hormone liegt, sondern auch an männlichen Hormonen, die zum Voranschreiten von Herzkrankheiten beitragen. Vor allem das Hormon Dihydrotestosteron (DHT) spielt eine zentrale Rolle.
Forscher der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben nun erfolgreich einen Wirkstoff getestet, der die Bildung dieses stärksten männlichen Sexualhormons im Herz von Mäusen verhindert und eine Herzschwäche rückgängig machen kann. Der verwendete Wirkstoff Finasterid wird derzeit in der Therapie von Prostataerkrankungen eingesetzt. Die Ergebnisse des Teams von Professor Dr. Jörg Heineke veröffentlichte die angesehene Fachzeitschrift Circulation. Erstautorinnen sind Dr. Carolin Zwadlo, Elisa Schmidtmann und Malgorzata Szaroszyk.
Eine Behandlung mit Finasterid hat bei Mäusen mit Herzinsuffizienz unter anderem bewirkt, dass sich Herzfunktion und Herzwachstum normalisiert haben und die Sterblichkeit gesunken ist. Sogar weibliche Mäuse profitierten von Finasterid. Das überraschte die Wissenschaftler zunächst selbst. Dem nachgegangen beobachteten sie, dass sich auch bei ihnen bei weiblichen Mäusen mit einer Herzschwäche eine gewisse Menge des männlichen Geschlechtshormons DHT im Herzen ansammelt und den Krankheitsmechanismus in Gang setzt.
„Das besonders wirksame Dihydrotestosteron (DHT) entsteht aus Testosteron – und zwar mit Hilfe des Enzyms 5-Alpha-Reductase. Finasterid hemmt dieses Enzym“, erläutert Professor Heineke. Die Forscher beobachteten darüber hinaus, dass Finasterid einen wichtigen Signalweg unterbindet, der zur Bildung von zu vielen Muskeleiweißen und somit zu krankhaftem Herzwachstum führt. Um herausfinden, ob Finasterid auch bei Menschen wirkt, planen die Forscher im zweiten Schritt klinische Studien. „Unsere Hoffnung ist, dass Finasterid die bisherige Therapie der Herzschwäche sinnvoll ergänzen kann – sowohl bei Männern, als auch bei Frauen“, sagt Professor Dr. Johann Bauersachs, Leiter der Klinik für Kardiologie und Angiologie. Dies könne in einigen Jahren der Fall sein. In Europa leiden rund zehn Millionen Menschen an chronischer Herzinsuffizienz, zu deren Ursachen anhaltend hoher Blutdruck, krankhaftes Herzwachstum oder ein Herzinfarkt gehören. Herzschwäche kann zu Herzversagen führen – binnen fünf Jahren sterben 50 Prozent der Patienten. Originalpublikation: Anti-Androgenic Therapy with Finasteride Attenuates Cardiac Hypertrophy and Left Ventricular Dysfunction; Zwadlo, C. et al.