Antibiotikaresistenz von Krankheitserregern ist mittlerweile zu einer der führenden Todesursachen geworden. Nach „Global Research on Antimicrobial Resistance“-Reports (GRAM) rangiert sie noch vor HIV und Malaria.
GRAM-Report
Der GRAM-Report bietet eine umfassende, detaillierte Analyse zur weltweiten Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen: Für 204 Länder und Regionen wird die Krankheitslast durch Antibiotikaresistenzen im Jahr 2019, bezogen auf 23 Erreger und 88 Kombinationen aus Erregern und Substanzklassen quantifiziert (Lancet 2022; online 20. Januar). Danach sind bereits 2019 4,95 Millionen Menschen im Zusammenhang mit einer Antibiotika-Resistenz an einer Infektion gestorben. Bei 1,27 Millionen Menschen war der Tod direkte Folge der Resistenz. Antibiotikaresistenzen lagen damit im Jahr 2019 auf Platz 12 der Todesursachenstatistik, vor HIV und Malaria.
Größte Bedrohung war Antibiotikaresistenz in Subsahara-Afrika und Südostasien; dort verursachten sie 24 bzw. 22 Todesfälle pro 100.000 Einwohner. Die Mortalitätsrate war am geringsten in Australien/Neuseeland mit 7 Fällen pro 100.000 Einwohner. Antibiotika-Resistenzen sind für alle Altersklassen eine Gefahr. Kleine Kinder hatten ein hohes Risiko: Etwa jeder fünfte Tod infolge einer Antibiotikaresistenz traf ein Kind unter fünf Jahren. Die meisten tödlichen Resistenzen bei Infektionen der unteren Atemwege waren für fast ein 1/3 der Todesfälle verantwortlich, gefolgt von Infektionen des Bluts und des Darms.
Die Krankheitserreger
Von 23 untersuchten Krankheitserregern waren 6 häufig von Resistenzmutationen mit Todesfolge betroffen: Escherichia (E.) coli, Staphylococcus (S.) aureus, Klebsiella (K.) pneumoniae, Streptococcus pneumoniae, Acinetobacter (A.) baumannii und Pseudomonas aeruginosa verursachten 73% dieser Todesfälle.
Die häufigste Todesursache waren Methicillin-resistente S. aureus (mit mehr als 100 000 Todesfällen), gefolgt von XDR-Tuberkulose, Drittgenerations-Cephalosporin-resistenten E. coli, Carbapenem-resistenten A. baumannii, Fluorchinolon-resistenten E. coli und Carbapenem- sowie Drittgenerations-Cephalosporin-resistenten K. pneumoniae. Die Resistenz gegen Fluorchinolone und Beta-Laktam-Antibiotika, als 2 Antibiotikaklassen, die als Erstlinientherapie bei schweren Infektionen angewandt werden, war für über 70% der durch Antibiotikaresistenzen verursachten Todesfälle verantwortlich.
Studienerstautor Chris Murray/University of Washington hält die neuen Daten für alarmierend: „Die Daten enthüllen das wahre Ausmaß der weltweiten Antibiotikaresistenzen und sie sind ein klares Zeichen, dass wir jetzt handeln müssen.“
Wettlauf gegen Antibiotikaresistenzen
Im Wettlauf gegen Antibiotikaresistenzen hält die Studiengruppe einen Mix für notwendig: Infektionsprävention, Impfungen (bisher nur gegen Streptococcus pneumoniae), Reduktion von Antibiotika in der Tierhaltung, Vermeidung von unnötigen Antibiotikaverordnungen und Investitionen in die Entwicklung neuer Antibiotika. „Strategien zu finden, mit denen es gelingt, Antibiotikaresistenzen zu reduzieren, haben dringende Priorität“.
Kritik an der Publikation
Die Publikation zu Antibiotika-Resistenz/"Antimicrobial resistance" (AMR) ist u.A. gesponsort durch die Melinda & Bill Gates Foundation. Sie belegt bedauerlicherweise, wie es n i c h t gemacht werden sollte:
1. Nicht differenziert, ob a n oder m i t Antibiotika-Resistenzen verstorben wurde.2. Publikation mit fragwürdigen Schätzzahlen.3. HIV und Malaria als Vergleich sind obsolet: Hohe Dunkelziffer bei Meldung-/Erfassung-/Dokumentation der Sterbefälle.4. Frage bleibt auch offen, a n oder m i t HIV/Malaria verstorben.5. Antibiotika-Resistenzen bei gemeindenah-ambulanten und/oder stationär-klinischen durchgeführten Therapien/prozeduralen Verläufen werden mindestens nach 4-Augen-Prinzipien detektiert. Keine Schlussfolgerungen, nur vage, spekulative Interpretationen sind immer verdächtig auf mangelhafte Daten-Erhebung/-Auswertung bzw. Übererfassung bei AMR.
Ausblick
Kampf gegen AMR muss wissenschaftlich fundiert/mehrdimensional erfolgen. Antibiotic Stewardship Initiativen und Fortbildungen sind gefordert. Prof. Dr. Petra Gastmeier, Direktorin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin, leitet das Modellprojekt "Rationaler Antibiotikaeinsatz durch Information und Kommunikation" (RAI): Studienautorin/Charité-Hygienikerin Elisabeth Meyer, "85 Prozent der Antibiotika in der Humanmedizin werden...von niedergelassenen Ärzten verordnet" ist irreführend. Es verschweigt, dass PatientInnen oft lebenslang bakterielle Infekte ärztlich indiziert ambulant behandeln müssen, gerade auch um gezielt Krankenhausaufenthalte vermeiden zu können. http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/mre/article/887539/tun-zeitbombe-antibiotika-resistenz.html
Veterinärmedizinisch undifferenzierte, nicht indizierte, tonnenweise Antibiotikatherape, z.T. auch über die Tiernahrung selbst, ist eine weitere Quelle der Entwicklung unerwünschter Antibiotika-Resistenzen (AMR). Qelle:
"Global burden of bacterial antimicrobial resistance in 2019: a systematic analysis"Antimicrobial Resistance Collaborators †vom 19.01.2022 DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(21)02724-0wird ohne sichere Schlussfolgerungen nur vorsichtig interpretiert:"To our knowledge, this study provides the first comprehensive assessment of the global burden of AMR, as well as an evaluation of the availability of data. AMR is a leading cause of death around the world, with the highest burdens in low-resource settings. Understanding the burden of AMR and the leading pathogen–drug combinations in 204 countries and territories in 2019. We obtained data from systematic literature reviews, hospital systems, surveillance systems, and other sources, covering 471 million individual records or isolates and 7585 study-location-years. We used predictive statistical modelling to produce estimates of AMR burden for all locations, including for locations with no data. Our approach can be divided into five broad components: number of deaths where infection played a role, proportion of infectious deaths attributable to a given infectious syndrome, proportion of infectious syndrome deaths attributable to a given pathogen, the percentage of a given pathogen resistant to an antibiotic of interest, and the excess risk of death or duration of an infection associated with this resistance. Using these components, we estimated disease burden based on two counterfactuals: deaths attributable to AMR (based on an alternative scenario in which all drug-resistant infections were replaced by drug-susceptible infections), and deaths associated with AMR (based on an alternative scenario in which all drug-resistant infections were replaced by no infection). We generated 95% uncertainty intervals (UIs) for final estimates as the 25th and 975th ordered values across 1000 posterior draws, and models were cross-validated for out-of-sample predictive validity. We present final estimates aggregated to the global and regional level."