Die genetisch bedingte primäre Ziliendyskinesie kommt einer neuen Analyse zufolge wohl häufiger vor, als bisher angenommen. Auch gibt es Unterschiede in der Prävalenz zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen.
Eine große Datenauswertung durch ein Forscherteam der Indiana University School of Medicine unter Führung von Prof. Benjamin Gaston zeigt, dass die seltene Atemwegserkrankung primäre Ziliendyskinesie (PCD) deutlich häufiger vorkommt als bisher angenommen. Die Analyse, die vor kurzem in der Zeitschrift Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht wurde, zielte darauf ab, die globale Prävalenz und genetische Varianz von PCD abzuschätzen. Es handelt sich dabei um eine genetische Erkrankung, die die Schutzfunktion des respiratorischen Systems beeinflusst. PCD kann zu Gesundheitsproblemen wie chronischem täglichem Husten, wiederkehrenden Atemwegs- und Ohrinfektionen und schweren Lungenschäden führen.
Anhand zweier großer Datenbanken untersuchte das Forscherteam die genetischen Sequenzen von 180.000 Menschen nach krankheitsverursachenden Varianten von 29 Genen, welche mit autosomal rezessiv vererbter PCD in Verbindung gebracht werden. Während man bisher davon ausging, dass PCD nur bei etwa einem von 16.000 Menschen auftritt, zeigte Gastons Analyse, dass die Krankheit mit einer Prävalenz von etwa 1:7.500 mehr als doppelt so häufig auftritt, als ursprünglich gedacht.
„Das ist sehr wichtig für Klinikärzte. Da man bei PCD von einer seltenen Krankheit ausgeht, erkennen sie sie möglicherweise nicht, wenn sie einen Patienten mit PCD-Symptomen sehen“, sagt Gaston. „Sie denken womöglich: ‚Ach, das ist unwahrscheinlich, weil es so eine seltene Krankheit ist‘. Aber eigentlich ist sie nicht annähernd so selten, wie wir dachten.“
Die Forscher schauten sich auch die Prävalenz der Krankheit innerhalb verschiedener ethnischer Gruppen an. So konnten sie herausfinden, dass PCD-verursachende Genvariationen in Menschen afrikanischer Abstammung häufiger vorkamen als in anderen Bevölkerungsgruppen, gefolgt von europäischen und lateinamerikanischen Populationen. Weiterhin fiel auf, dass die 5 häufigsten Gene mit PCD-verursachenden Variationen in den verschiedenen ethnischen Gruppen jeweils unterschiedlich waren.
Insgesamt könnten die Daten Ärzten helfen, PCD besser zu erkennen und zu diagnostizieren. „Meine Hoffnung ist, dass Ärzte eine niedrigere Schwelle für die Bewertung von Patienten anlegen werden, die PCD haben könnten“, sagt Gaston. Er hofft, dass Forscher weiterhin neue Gene identifizieren, die mit PCD assoziiert sind, um Diagnose und Behandlung von Betroffenen weiter verbessern zu können.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung der Indiana University School of Medicine. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Robina Weermeijer, unsplash.