„Dreimal das günstigste Nasenspray, bitte!“ Meine Alarmglocken läuten sofort, als ich diesen Kundenwunsch höre. Ich ahne, wer da vor mir steht: Ein weiterer Suchti, der keine Beratung, sondern nur den nächsten Pumpstoß will.
Dass jemand in der Apotheke nach Nasenspray verlangt, kommt jeden Tag vor. Mehrmals. Dass einem bei der Beratung sofort klar ist, dass das Nasenspray schon länger als eine Woche angewendet wird, ebenfalls.
Nasenspraysucht ist ähnlich wie die Nikotinsucht. Man weiß, dass es nicht gut für einen ist und man sich auf Dauer damit schadet, aber dennoch kommt man nicht so leicht davon los (ansonsten hinkt der Vergleich vielleicht ein bisschen, ok).
Die meisten Nasensprayabhängigen wollen einfach ihr Spray kaufen und in Ruhe gelassen werden. Sie wissen, dass wir wissen, dass sie das schon viel zu lange anwenden. Sie fühlen sich vielleicht sogar ein bisschen schlecht deswegen und wollen nicht ständig von uns daran erinnert werden. Aber wir haben nun mal eine BeratungsPFLICHT.
Vor kurzem war mal wieder ein Kunde bei mir, der das günstigste Nasenspray kaufen wollte. Das bringt sofort meine Alarmglocken zum Läuten. Vor allem dann, wenn er es sogar dreimal haben möchte.
„Dreimal das günstigste Nasenspray, bitte!“
„Sie kennen sich mit der Anwendung aus?“, frage ich ihn vorsichtig.
„Ja, ich nehme es schon eine Weile.“
„Wichtig ist, dass Sie das Spray nicht länger als eine Woche anwenden, sonst kommt es zum sogenannten Rebound-Effekt, was heißt, dass die Nasenschleimhaut dann stärker als zuvor anschwillt, sobald die Wirkung des Nasensprays wieder nachlässt. Sie brauchen das Spray also nur deshalb, weil sie es schon zu lange verwenden. Irgendwann kann die Nasenschleimhaut dann auch dauerhaft anschwellen und Sie könnten sogar Ihren Geruchssinn verlieren.“ Er schaut mich ein wenig genervt an.
„Jaja, das weiß ich alles.“
„Okay”, sage ich achselzuckend, „aber dann würde ich wenigstens eines ohne Konservierungsmittel verwenden, denn das enthaltene Benzalkoniumchlorid schädigt auf Dauer noch zusätzlich die Nasenschleimhaut.“
„Ich verwende das Spray sowieso nicht pur. Ich verdünne es!“
„Womit denn?“, hake ich nach.
„Mit destilliertem Wasser.“
„Das ist keine gute Idee. Destilliertes Wasser hat nicht den selben osmotischen Druck wie das Blutplasma.“
„Okay. Womit kann ich es denn dann verdünnen?“
„Gar nicht, da Sie so das Konservierungsmittel gleich mitverdünnen, was dazu führt, dass die Lösung verkeimt. Abgesehen vom Konservierungsmittel müssten Sie sonst eine physiologische Kochsalzlösung verwenden, 0,9 prozentig. Wenn Sie destilliertes Wasser verwenden, würde das sogar in die Nasenschleimhaut eindringen und diese daraufhin leicht anschwellen lassen. Sie können stattdessen erst ein Kindernasenspray und dann Säuglingsnasentropfen verwenden. Jeweils ohne Konservierungsstoffe.“
„Hmm. Nein, aber ich nehme dann in Zukunft lieber nur noch physiologische Kochsalzlösung.“
Als Apotheker kann ich meine Hilfe nur anbieten. Wenn sie nicht angenommen wird, muss ich das akzeptieren. Immerhin wird er in Zukunft wohl kein destilliertes Wasser mehr zum Verdünnen verwenden. Aber Interesse daran, von dem Zeug loszukommen, hatte er auch nicht wirklich. Egal. Seine Nase, seine Regeln.
Allgemein sollte immer nur ein Nasenspray verwendet werden, das kein Benzalkoniumchlorid enthält. Und zwar nicht länger als eine Woche. Für den Fall, dass es zu lange verwendet wurde und die Nasenschleimhaut nur noch wegen des Nasensprays anschwillt, sollte man am besten einfach wieder damit aufhören. Nach ein paar Tagen schwillt die Nasenschleimhaut wieder von selbst ab.
Wer der Meinung ist, das nicht hinzubekommen, da er ja sonst nicht schlafen kann, gibt es noch die Möglichkeit, ein Nasenloch ganz normal mit dem Spray für Erwachsene weiterzubehandeln, das meistens 0,1 % Xylometazolin enthält, und das andere mit einem Kindernasenspray mit nur 0,05 % Xylometazolin. Anschließend reduziert man weiter auf 0,025 % mit den Nasentropfen für Kleinkinder ab einem Jahr, die aber leider Benzalkoniumchlorid enthalten. Eine bessere Alternative wären die Säuglingsnasentropfen mit dem Wirkstoff Oxymetazolin, die aufgrund ihres speziellen Applikationssystems ganz ohne Konservierungsstoffe auskommen.
Ist das eine Nasenloch entwöhnt, kann man – falls nötig – den Vorgang mit dem anderen Nasenloch wiederholen. Ansonsten kann man zum Entwöhnen auch ein Cortison-Nasenspray mit dem Wirkstoff Mometason verwenden. Die Wirkung tritt allerdings frühestens nach einem halben und spätestens nach anderthalb Tagen ein. Mometason wirkt antientzündlich und antiallergisch auf die Nasenschleimhaut und dadurch letztendlich auch abschwellend.
Zusätzlich könnte ein hypertones Salzwasserspray ein wenig Erleichterung verschaffen, da es durch Osmose die Nasenschleimhaut abschwellen lässt. Natürlich wesentlich schwächer, als ein Nasenspray mit Xylometazolin.
Bildquelle: Trude Jonsson Stangel, unsplash