Ein Fallbericht zeigt, wie schwierig es sein kann, eine chronische Niereninsuffizienz bei Katzen zu diagnostizieren. Wie es den Tierärzten schließlich gelang, erfahrt ihr hier.
Ein 6-jähriger Kater wird für eine Routineuntersuchung in einer Tierklinik in Brasilien vorgestellt. Die allgemeine Untersuchung ergibt keine Auffälligkeiten, bis auf leichten Druckschmerz beim Abtasten der rechten Niere – genug, um den behandelnden Tierarzt stutzig werden zu lassen. Der systolische Blutdruck beträgt 140 mmHg. Ein anschließendes vollständiges Blutbild, die Biochemie und eine Urinanalyse sind, bis auf eine vorhandene Eosinophilie (2.600/μl), ohne besonderen Befund:
Die Tierärzte entscheiden sich dafür, eine Abdomensonographie durchzuführen. Hier entdecken sie asymmetrische Nieren mit verminderter kortikomedullärer Differenzierung. Außerdem wird eine Zyste an der linken Niere sowie eine mäßige Nierenbeckendilatation an der rechten Niere sichtbar. Anhaltspunkte für Urolithiasis gibt es nicht.
Bei der Klinik handelt es sich um ein Lehrkrankenhaus, weshalb die Tierärzte eine dynamische Nierenszintigraphie mit Technetium [99mTc]-Diethylentriaminpentaessigsäure (DTPA) einleiten. Für die Untersuchung erhält der Kater eine intravenöse Sedierung mit Tiletamin-Zolazepam (5 mg/kg) und wird in Rückenlage positioniert, der Detektor ist unter dem Tisch.
Das Ergebnis: Nur die linke Niere des Katers scheint noch zu funktionieren. Die statische Nierenszintigraphie mit 99mTc-Dimercaptobernsteinsäure zeigt ebenfalls eine praktisch auf die linke Niere beschränkte Funktion (relative Aufnahme zeigt 99 % für die linke und 1 % für die rechte Niere). Die linke Niere scheint die fehlende Funktion der rechten Niere noch fast vollständig zu kompensieren. Dennoch: Eine Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) von 2,17 ml/min/kg, kann insgesamt als subklinische Niereninsuffizienz eingestuft werden (GFR > 2,5 ml/min/kg gilt als normal, GFR-Werte zwischen 1,0 und 1,3 ml/min/kg sprechen für eine Azotämie).
Die klinische Manifestation einer chronischen Niereninsuffizienz (chronic kidney disease, CKD) tritt erst nach erheblichem Verlust der Nierenfunktion auf und umfasst Polyurie, Polydipsie, Gewichtsverlust, Muskelschwund, Appetitlosigkeit, größenveränderte oder unregelmäßige Nieren bei Palpation und Dehydratation. In einem früheren Stadium zeigen Patienten zunächst milde oder gar keine klinischen Anzeichen, was es für Besitzer schwierig machen kann, die Krankheit zu erkennen.
Aber wo lag bei diesem Kater nun der Auslöser für das Versagen der rechten Niere? Bei der Ultraschalluntersuchung fielen asymmetrische Nieren mit unregelmäßiger Kontur, eine Verringerung der kortikomedullären Abgrenzung, eine Nierenzyste und eine Pyelektasie der rechten Niere auf. Im vorliegenden Fall lag der Umfang des Nierenbeckens der rechten Niere bei 2,1 cm – am ehesten ein Hinweis für eine Obstruktion. Eine Pyelonephritis wurde von den Autoren aufgrund der negativen Urinkultur und fehlenden systemischen Auffälligkeiten ausgeschlossen.
Die abdominale Ultraschall- und Röntgenuntersuchung lieferten keine Anhaltspunkte für eine Ureterolithiasis. Die Autoren schreiben: „Eine Studie von Ling et al. ergab eine Sensitivität von 90 % bei der Erkennung von Ureterolithiasis für eine Kombination aus Übersichtsradiographie und Ultraschall. Kleine oder strahlendurchlässige Konkremente werden möglicherweise nicht erkannt. Darüber hinaus können Weichteilpfropfen und verfestigte Blutgerinnsel die Ursache für eine Harnleiterobstruktion sein. Diese sind bei der beiden Untersuchungen schwer zu erkennen.“
Die Nierenszintigraphie zeige keine Renogramm-Kurve, die mit einer akuten Harnabflussbehinderung vereinbar sei, so steht es im Fallbericht. In diesem Fall würde bei der Kurve ein Plateau erreicht oder ein kontinuierlicher Anstieg wäre sichtbar. Trotzdem schreiben die Autoren: „Angesichts der Anamnese des Patienten, der Ultraschallbefunde und der Renogramm-Kurve kann die Möglichkeit einer Harnabflussbehinderung, welche zu einem schweren Verlust der Nierenfunktion führte, nicht ausgeschlossen werden.“
In der Praxis werden für das Abklären der Nierenfunktion bildgebende Verfahren in Kombination mit indirekten Biomarkern wie dem Serumkreatinin und dem SDMA-Wert verwendet. Die Schwachstellen dieser Untersuchungen werden im Fallbericht deutlich. Das Serumkreatinin ist ein relativ unempfindlicher Biomarker für die GFR, solange die Nierenfunktion noch nicht erheblich eingeschränkt ist. Es bedarf einer etwa 65–75 %igen Verringerung der GFR, bevor die Serumkreatininwerte kontinuierlich den Normbereich überschreiten. Der Serum-SDMA-Wert gilt zwar als empfindlicher, wenn es darum geht, einen frühen Verlust der Nierenfunktion bei Katzen mit CKD zu erkennen. Im vorliegenden Fall lagen jedoch beide Werte innerhalb der Referenzbereiche. Eine angemessene Urinkonzentrationsfähigkeit lag vor und der Patient war weder hypertensiv noch proteinurisch.
Leichte Schmerzen bei der Nierenpalpation oder Anomalien in der Nierenbildgebung sollten also als Anhaltspunkte für eine manifeste CKD schon reichen und Grund genug für das Einleiten unterstützender Maßnahmen sein.
Den kompletten Fallbericht haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Malek Dridi, unsplash