In der Therapie chronischer Herzinsuffizienz wird der Eisenmangel immer noch stiefmütterlich behandelt. Jetzt hat er es endlich in die aktuellen Leitlinien geschafft – aber da geht noch mehr.
Chronische Herzinsuffizienz ist eine große Belastung für die öffentliche Gesundheit und mit hoher Morbidität, Mortalität und enormen Kosten verbunden. Jüngste Studien zeigten, dass der Eisenstoffwechsel und der myokardiale Energiestoffwechsel bei Patienten mit Herzinsuffizienz verändert sind.
In den vergangenen Jahren hat sich im Management von Herzinsuffizienz (HF) viel verändert. Erstmalig empfehlen die Leitlinien für Herzinsuffizienzpatienten (u. a. hier und hier einzusehen) jetzt regelmäßige Kontrollen auf das Vorliegen eines potenziellen Eisenmangels und einer Anämie (Klasse-I-C-Empfehlung). Geändert haben sich zudem die therapeutischen Konsequenzen, wenn ein Defizit (Serumferritin < 100 ng/ml oder Serumferritin 100–299 ng/ml mit Transferrinsättigung < 20 %) festgestellt wird. Ab sofort wird eine i. v. Eisencarboxymaltose-Gabe für symptomatische Patienten (LVEF < 50 %) mit erst kürzlich zurückliegender herzinsuffizienzbedingter Klinikeinweisung empfohlen, um das Risiko für weitere Hospitalisierungen zu senken (IIa B). Also nicht nur – wie in der Leitlinie von 2016 – allein zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit, Belastbarkeit und Lebensqualität (IIa A).
Ausschlaggebend für diese Neuerung war die AFFIRM-AHF-Studie. Hier erhielten die Patienten in regelmäßigen Abständen eine Injektion von Eisencarboxymaltose. Jeder Patient bekam eine Dosis am Tag der Klinikentlassung und eine weitere Injektion sechs Wochen später. Bei 80 % der Patienten reichte das aus, um den Eisenmangel zu kompensieren. Die restlichen 20 % wurden in Woche 12 und 24 erneut mit jeweils einer Dosis behandelt.
Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (CHF) wurden in einer Studie von Lin et al. basierend auf dem Eisenstatus in zwei Gruppen eingeteilt. Die Eisenmangel-Prävalenz bei CHF betrug 36,9 %, nahm mit dem Schweregrad der CHF zu und erreichte 80 % bei Patienten mit NYHA-Klasse.
Die Prävalenz von Eisenmangel ist bei CHF hoch und mit der Schwere der kardialen Dysfunktion assoziiert, so die Autoren. Das Vorhandensein von Eisenmangel ist mit einem erhöhten myokardialen Energieverbrauch verbunden.
Obwohl die aktuellen Leitlinien zur Behandlung der chronischen und akuten Herzinsuffizienz die Bedeutung der Eisenmangelkorrektur anerkennen, bleibt Eisenmangel im Rahmen der chronischen Herzinsuffizienz häufig unterbehandelt und unzureichend diagnostiziert. Während die Kombination von Anämie und chronischer Nierenerkrankung (CKD) bei Patienten mit HF umfassend untersucht wurde, ist der Beitrag von Eisenmangel bei HF weniger bekannt.
Eisenmangel, CKD und/oder Anämie bei Patienten mit Herzinsuffizienz weisen große Überschneidungen in den Biomarkerprofilen auf, was auf gemeinsame Signalwege im Zusammenhang mit diesen Syndromen hindeutet. Eisenmangel – entweder allein oder zusätzlich zu CKD und Anämie – ist mit einer geringeren Lebensqualität und körperlichen Belastbarkeit sowie einer schlechteren Prognose von Patienten mit sich verschlechternder Herzinsuffizienz verbunden.
Eisenmangel verändert die mitochondriale Funktion und reduziert die Erzeugung von zellulärer Energie in der Skelettmuskulatur und in den Kardiomyozyten.
In einer retrospektiven monozentrischen Studie mit 565 konsekutiven ambulanten Patienten mit diagnostizierter Herzinsuffizienz wurde die Wirkung von Eiseninfusionen untersucht. Ein Eisendefizit wurde definiert als Ferritin < 100 μg/l oder Ferritin 100-300. Die Patienten erhielten i. v. Eisencarboxymaltose. Klinische, Labor- und echokardiographische Parameter wurden vor und nach der Verabreichung analysiert. Nach der EMC-Verabreichung stiegen die gesamten Ferritin und Hämoglobinspiegel im Vergleich zu den Ausgangswerten bei Herzinsuffizienz-Patienten mit reduzierter und erhaltener Ejektionsfraktion.
Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion der gesamten Serie verbesserte sich bei beiden Arten von Herzinsuffizienz um 8 Prozentpunkte. Der Prozentsatz der Patienten mit Normalisierung der rechtsventrikulären Funktion stieg um 6,9 Punkte (von 74,1 % auf 81 %) bei HFpEF-Patienten und um 6,4 Punkte (von 53 % auf 59,4 %) in der HFrEF-Untergruppe. Der Funktionsstatus der NYHA (Klassifikation der New York Heart Association) verbesserte sich von 2,4 auf 1,9 nach Eisencarboxymaltose bei beiden Arten der Herzinsuffizienz. Bei den Plasmaspiegeln von Leberenzymen, Kreatinin oder natriuretischem Peptid wurden keine Veränderungen festgestellt.
„Die intravenöse Eisenverabreichung schien die Ejektionsfraktion und den Herzfunktionsstatus bei ambulanten Patienten mit ID und Herzinsuffizienz mit sowohl erhaltener als auch reduzierter Ejektionsfraktion zu verbessern“, so das Resümee der Autoren.
Eisenmangel ist eine häufige und relevante Komorbidität bei chronischer Herzinsuffizienz. Er beeinflusst Symptomatik, Lebensqualität sowie die Hospitalisierungsrate und ist ein negativer prognostischer Faktor. Nahezu jeder zweite Patient ist betroffen. Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und gleichzeitigem Eisenmangel haben ein erhöhtes Mortalitätsrisiko, unabhängig von einer gleichzeitig vorhandenen Anämie. Die Diagnostik und Therapie eines Eisenmangels sollte heute zum Standard der modernen Herzinsuffizienzbehandlung gehören.
Eine besondere Häufung findet man bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (in 36–90 %), bei Tumorpatienten (im Mittel 43 %, bei bestimmten Tumoren sogar bis 63 %) und bei chronischer Herzinsuffizienz (in 37–50 % der Patienten). Darüber hinaus findet sich ein Eisenmangel bei chronischen Entzündungen, malignen Erkrankungen und bei Chemotherapie-induzierter Anämie.
Die Diagnose eines Eisenmangels darf nicht vom Vorliegen einer Anämie abhängig gemacht werden. Erst bei fast kompletter Entleerung der Eisenspeicher ist mit einer Anämie zu rechnen. Abzugrenzen sind davon Fälle relevanter Anämien anderer Ursachen mit Hb-Werten < 13 g/dl bei Männern und < 12 g/dl bei Frauen, die immer einer gesonderten Abklärung bedürfen.
Aktuell wird zur Diagnostik des Eisenmangels bei chronischer Herzinsuffizienz die Bestimmung des Serum-Ferritins und der Transferrinsättigung empfohlen. Hämoglobin sollte mitbestimmt werden, um eine gleichzeitige abklärungswürdige Anämie auszuschließen. Eine verminderte Transferrinsättigung zeigt ein Defizit des Transporteisens an, was auf einen Eisenmangel schließen lässt. Die o. g. Grenzwerte gelten für Patienten mit chronischer Erkrankung, nicht für gesunde Patienten. Eine chronische Herzinsuffizienz geht mit einer inflammatorischen Aktivierung mit Erhöhung proinflammatorischer Zytokine einher, sodass prinzipiell von erhöhten Werten auszugehen ist.
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