Kann die elektromagnetische Strahlung von Handys bei Kindern und Jugendlichen Gliome verursachen? Dieser Frage ging eine internationale Studie nach.
Elektromagnetische Strahlung von Smartphones stand lange im Verdacht, Gliome auszulösen oder ihr Wachstum zu begünstigen. Forschungseinrichtungen aus 14 Ländern haben für die MOBI-Kids-Studie kooperiert, um die Zusammenhänge zu analysieren. In diesem Projekt wurden knapp 900 Patienten zwischen zehn und 24 Jahren befragt. Sie alle waren an Gliomen erkrankt. Damit ist MOBI-Kids die bisher größte Studie zu dem Thema.
Eine Korrelation zwischen den elektromagnetischen Feldern mobiler Kommunikationsgeräte und Gliom-Erkrankungen konnten die Forscher nicht feststellen. „Die Ergebnisse sind für die Forschung enorm wichtig. Sie bestätigen die Ergebnisse ähnlicher Studien aus dem Erwachsenenbereich, die ebenfalls wenig Evidenz für einen Zusammenhang zwischen der Strahlung von Smartphones und der Entstehung von Gliomen im äußeren Gehirn-Areal finden“, erklärt Dr. Tobias Weinmann vom Institut und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin am LMU Klinikum, die an dem Projekt beteiligt waren.
In den letzten 15 Jahren nahm die Handy-Nutzung drastisch zu und damit auch die Befürchtungen vor korrelierenden Tumor-Erkrankungen. Denn mobile Kommunikationsgeräte arbeiten mit elektromagnetischen Feldern, die im hochfrequenten Bereich angesiedelt sind. Sie wurden von der WHO als möglicherweise karzinogen, also krebserregend, eingestuft. Das empfindliche Gewebe des Gehirns absorbiert die hochfrequente Energie besonders, vor allem, wenn die Geräte – zum Telefonieren etwa – in Kopfnähe gehalten werden.
„In der Studie haben wir uns nicht nur auf elektromagnetische Strahlung fokussiert, sondern auch weitere Risikofaktoren für die Erkrankung an Gliomen bestimmt und abgefragt“, erklärt Weinmann. Mithilfe von Fragebögen wurden die Probanden dazu interviewt, wie häufig sie ihr Smartphone nutzen. Gleichzeitig fragten die Forscher den Wohnort ab und interviewten zudem die Eltern zu potentiellen Risikofaktoren vor und nach der Geburt des Kindes, sowie in seinen ersten Lebensjahren. Dazu gehören unter anderem die Berufsgeschichte der Eltern sowie Belastungen während der Schwangerschaft: Nahmen die Mütter Medikamente ein oder waren sie medizinischer Strahlung ausgesetzt?
Die Fall-Kontroll-Studie befragte für jeden Patienten zwei gesunde Menschen, die von Alter, Geschlecht und Wohnregion ähnliche Voraussetzungen hatten. Die Teilnehmer und ihre Eltern wurden dann zu ihrer Handy-Nutzung befragt. Um diese Eingaben auf Verlässlichkeit zu überprüfen, installierten einige Probanden eine App, die ihre Handy-Aktivitäten dokumentierte. Zeitgleich analysierten die Forscher Zahlen von Mobilfunk-Anbietern, um die Aussagen der Teilnehmer mit weiteren Daten belegen zu können.
Die Auswertung der Daten bestätigte die Vermutung der Forscher: „Wir konnten keinen Zusammenhang zwischen Gliomen und elektromagnetischen Feldern feststellen“, resümiert Weinmann. „MOBI-Kids ist nach aktuellem Stand die größte Studie zu Gliomen und elektromagnetischer Strahlung bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Bisher wurden noch nie zuvor derart viele Erkrankte für diesen Aspekt der Forschung befragt“, erklärt Weinmann. „Durch die Anwendung umfangreicher Maßnahmen zur Qualitätssicherung und zur Validierung der Daten können wir mögliche Verzerrungen der Studienergebnisse zwar minimieren, komplett ausschließen können wir sie aber nicht.“
Die erhobenen Daten werden nun noch weiter ausgewertet. Die Forscher möchten auch die anderen Risikofaktoren analysieren, zum Beispiel die Belastung durch Chemikalien oder andere Strahlungsquellen, etwa am Arbeitsplatz der Jugendlichen. Zudem sollen die Auswirkungen von Smartphones auch in anderen medizinischen Bereichen noch untersucht werden. „Es gibt ja bereits Studien, die über die Zusammenhänge zwischen dem exzessiven Gebrauch von Smartphones und Schlafstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen berichten“, sagt Weinmann.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung des Klinikums der Universität München. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Becca Tapert, unsplash