Hauskatzen können sich im Labor mit SARS-CoV-2 infizieren und das Virus ausscheiden – doch übertragen sie es auch im echten Leben auf den Menschen? Oder sind infizierte Halter gar eine Gefahr für ihre Stubentiger? Ein Forschungsteam klärt auf.
Rund 4 % aller Hauskatzen in Europa haben eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 durchgemacht – wahrscheinlich steckten sie sich bei ihren Besitzern an. Doch können Katzen auch zum Infektionsgeschehen beitragen und das Virus auf den Menschen übertragen? „Bisher gab es einzelne Studien zur Transmission unter Laborbedingungen und anekdotische Beobachtungen infizierter Katzen aus verschiedenen Ländern“, sagt Albert Osterhaus von der Tierärztlichen Hochschule Hannover. In einer Studie wollte der Virologe daher die Verbreitung umfassender analysieren. Dazu untersuchte sein Team über 2.000 Blutproben von Katzen aus Deutschland, Spanien, Italien und Großbritannien.
Um die Antikörper nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion nachzuweisen, nutzten die Forscher zwei verschiedene Methoden. Unter anderem verglich Osterhaus’ Labor die Ergebnisse des Neutralisationstests mit einer Nachweismethode, bei der nur der Hauptteil des Spikeproteins des Virus eingesetzt wird. Diese Methode erwies sich als ähnlich empfindlich und spezifisch wie der aufwendigere Neutralisationstest. „Jedes veterinärmedizinische Labor kann diese Tests durchführen“, erklärt der Leiter der Studie.
Insgesamt fanden die Forscher in 4,4 % aller Blutproben SARS-CoV-2 spezifische Antikörper. „Nicht viel, nicht wenig.“, kommentiert Virologe Osterhaus. Er geht davon aus, dass die Katzen sich ausschließlich bei Menschen angesteckt haben, da in der frühen Phase der Pandemie Menschen die einzig denkbare Infektionsquelle seien. Dennoch eine gute Nachricht: Obwohl erkrankte Katzen das Virus ausscheiden, gebe es bisher keine Hinweise darauf, dass sie Menschen anstecken und zur Ausbreitung des neuen Coronavirus beitragen.
„Wir müssen trotzdem wachsam sein“, mahnt Osterhaus. Bei Nerzen habe man gesehen, wie sich das Coronavirus explosionsartig ausbreitet, wenn die Bedingungen dafür günstig sind. „Unsere Hauskatzen leben natürlich nicht in engen Käfigen wie Zuchtnerze“, sagt Osterhaus. „Aber viele Katzenhalter pflegen einen sehr engen und vertrauten Umgang mit ihren Tieren.“ Wie hoch das Risiko ist, dass sich im Haushalt lebende Katzen bei infizierten Menschen anstecken, konnte leider nicht geklärt werden. „Wir hätten unsere Ergebnisse gern mit dem Infektionsstatus der Tierbesitzer korreliert. Diese Daten standen uns leider nicht zur Verfügung“, sagt Osterhaus. Virologin Claudia Schulz sieht jedoch Hinweise auf einen Zusammenhang: „Vergleiche mit Ergebnissen aus wissenschaftlichen Feldstudien zu SARS-CoV-2 spezifischen Antikörpern beim Menschen, beispielsweise aus Spanien, deuten jedoch auf einen Zusammenhang mit dem Prozentsatz SARS-CoV-2 Antikörper-positiver Katzen hin.“
Dennoch brachte die Studie ein wichtiges Ergebnis hervor: Die Forscher erprobten einen Labortest, der in allen tierärztlichen Labors eingesetzt werden kann. Das eröffnet die Möglichkeit, sich jederzeit einen Überblick über die Verbreitung der Infektion unter Katzen zu verschaffen. Obwohl die Tiere in der Regel keine Symptome zeigen, rät Osterhaus Tierärzten dazu, Katzen im Zweifelsfalls per PCR-Test auf eine SARS-CoV-2-Infektion zu untersuchen. „Tierhalter, die selbst oder deren Katzen erkrankt sind, sollten zudem im Umgang mit ihnen die gleichen Hygiene- und Abstandsregeln einhalten, wie wir es unter Menschen inzwischen kennen“, sagt er.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Yerlin Matu, unsplash.