Hautwunden bei Katzen bedürfen einer ganz besonders gründlichen Diagnostik. Wie Tierärzte vorgehen können, zeigt der Fallbericht einer Katze mit offenen Pfoten.
Katzen mit Hauterkrankungen werden, ebenso wie hauterkrankte Hunde, immer häufiger in der tierärztlichen Praxis vorgestellt. Nicht immer ist es eine Wunde, nicht immer ist es ein Parasit, der Haut und Haarkleid auffällig werden lässt. Zunehmend sind es auch allergische Erkrankungen wie Atopie, Futtermittelallergie oder Flohspeichelallergie, die ursächlich in den Vordergrund rücken.
Was uns Tierärzte zu Detektiven werden lässt, sind die vielfältigen Erscheinungsbilder von Allergien. Entzündliche Veränderungen der inneren und äußeren Schleimhäute sind nur ein Teil des Geschehens und müssen nicht obligat auftreten oder werden nicht immer vom Katzenbesitzer bemerkt. Entzündungen der äußeren Haut hingegen sind deutlich auffälliger und werden selten übersehen.
Die drei wichtigsten Reaktionsmuster, die wir dann auf der Oberfläche der Katzenkörper sehen, sind das miliare Ekzem, die feline selbstinduzierte Alopezie oder der eosinophile Granulom-Komplex, der sich mit 3 klinisch ganz unterschiedlichen Veränderungen beschreiben lässt:
Mit diesem Wissen ausgerüstet denken wir, es wäre eine leicht zu diagnostizierende Erkrankung, mit dem typischen Erscheinungsbild schon auf einen Blick einzuordnen. Aber was ist, wenn die Veränderung atypisch lokalisiert ist? Ist es dann auch noch eine leicht zu diagnostizierende Erkrankung? Was ist, wenn es so aussieht:
Interdigitales Ulcus – die AnamneseDas Bild zeigt eine seit knapp 2 Jahren beobachtete, zuerst kleine Wunde bei einer sonst völlig symptomlosen älteren, weiblichen Katze, die einer Gelegenheitsverletzung bei Freilauf zugeordnet wurde. Es hat nie eine Heilung stattgefunden, trotz wiederholter Therapieversuche mit unterschiedlichen Antiseptica, Antibiotika und Steroiden, unterschiedlich langer Therapiedauer und wechselnder topischer oder systemischer Anwendung der Therapeutika.
Das tiefgreifende Ulcus wird von der Katze ständig beleckt, sie beißt sich selbst tief in die Palmarfläche der Vordergliedmaße, jedoch sind Schmerzen auch beim Säubern der Wunde durch die Besitzerin nicht zu beobachten. Alle Ballen sind unverändert, nur der palmare Interdigitalraum ist chronisch-entzündlich verändert. Vermutlich sekundär durch das Beknabbern des Primärherdes sind auch Lefzen und Kinn mit einer oberflächlichen Dematitis und einer ödematösen Umfangsvermehrung auffällig.
Und was ist, wenn's kein eosinophiles Granulom in Gestalt eines indolenten Ulcus ist – sondern eine Metastase eines Bronchialzellcarcinoms? Ein Mastzelltumor vielleicht?
Neben unauffälliger radiologischer Untersuchung von Vordergliedmaße und Thorax sowie einer Blutuntersuchung mit zu erwartender Eosinophilie bringen die zytologische Untersuchung und eine Hautbiopsie schnell Gewissheit: Es liegt eine Läsion des eosinophilen Granulom-Komplexes vor.
Nun beginnt die eigentliche diagnostische Arbeit: Welche allergische Ursache gibt es für die Veränderung? Natürlich schließen sich Ausschlussdiät, Flohtherapie und – wenn möglich – ein intrakutaner Allergietest an. Aber was ist, wenn man hier auch nicht weiterkommt? Mikrobiologie und zugehöriges Antibiogramm nicht vergessen! Was uns schließlich weitergeführt hat, ist die mikrobiologische Untersuchung. Es konnte dort massenhaft Staphylococcus aureus nachgewiesen und ein Antibiogramm angefertigt werden, welches einige Resistenzen aufzeigte.
Wir gehen also bisher von einer Hypersensitivitätsreaktion mit anschließender Entstehung des eosinophilen Granulom-Komplexes aus, deren Auslöser Ektoparasiten, Futtermittel, Kontakt- und Umweltallergene sein könnten. Trotzdem sollten wir auch die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung genauer betrachten. Die Relevanz des in diesem Fall nachgewiesenen Staphylococcus aureus für das Entzündungsgeschehen ist bislang wissenschaftlich nicht bestätigt – aber es gibt Hinweise, dass dieser Keim bei der felinen eosinophilen Pododermatitis häufiger isoliert wird und somit als Antigen wirksam ist.
Wir entschieden uns für eine konsequente Antibiose nach Antibiogramm, eine zusätzliche Immunmodulation mit z. B. Steroiden, Cyclosporin, evtl. Apoquel® (Oclacitinib) als Off-Label-Therapie (wenn alles andere nicht greift oder sich als unverträglich erweist), da sind wir noch in der Beobachtungsphase.
Bei Katzen, wegen ihrer ausgefuchsten Nahrungsspezialisierung etwas schwieriger, dennoch dringend auszuprobieren, sind außerdem essentielle Fettsäuren, evtl. mit phytotherapeutischen Zusätzen wie Tomatenextrakt und immunmodulierendem Zusatz von Zink.
Noch sind wir aber mittendrin in der Therapie. Bislang sind wir recht zufrieden und zuversichtlich mit dem eingeschlagenen Weg – sozusagen verhalten optimistisch. Wir sehen eine langsam voranschreitende Granulation mit Bildung von Narbengewebe, Nachlassen der Rötung und Abtrocknen des Ulcus. Ein guter Weg also.
Bildquelle: Agape Trn, unsplash