Wie bei vielen Krebsarten können auch für die Entwicklung eines Prostatakarzinoms (PCa) keine eindeutigen Auslöser ermittelt werden. Es sind jedoch bestimmte Risikofaktoren bekannt, die eine Entstehung begünstigen. Beim PCa werden vor allem das Alter, aber auch die ethnische Zugehörigkeit und einige Aspekte der Lebensführung als relevant betrachtet.1 Auch eine familiäre Veranlagung ist deutlich erkennbar: Wenn bei Vater, Bruder oder Verwandten zweiten Grades bereits ein PCa diagnostiziert wurde, gilt das Erkrankungsrisiko als erhöht.1 Allerdings ist noch nicht vollständig klar, welche Gene hinter diesem Risiko stecken könnten. Es gibt aber bereits zwei Verdächtige: die Gene BRCA1 und BRCA2.1
Nun liegt eine umfangreiche Arbeit vor, welche die notwendige statistische Power bietet, um die Korrelation dieser Gen-Kandidaten mit einem Risiko für Prostatakrebs genau zu untersuchen. In der Studie wurden dazu die Daten von ca. 3.200 BRCA1- und ca. 2.200 BRCA2-Trägerfamilien analysiert. Die Autor:innen wollten herausfinden, ob pathogene Varianten von BRCA1 und BRCA2 mit einem erhöhten altersspezifischen relativen oder absoluten Risiko für die Entstehung von 22 verschiedenen Krebsformen verknüpft sind.2 Bekannt sind BRCA1 und BRCA2 schon seit Langem, weil bestimmte Mutationen für Träger:innen ein deutlich erhöhtes und recht sicher bezifferbares Risiko bergen, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken.2
Die Analyse zeigte, dass das Vorhandensein einer pathogenen BRCA2-Variante mit einem signifikant erhöhten relativen Risiko von 2,22 (95 % KI: 1,63 bis 3,03) einherging, an einem PCa zu erkranken.2 Darüber hinaus betrug das kumulative altersspezifische Risiko, bis zum 80. Lebensjahr an einem PCa zu erkranken, 27 % (95 % KI: 20,5 % bis 34,7 %)2 – BRCA2 scheint somit endgültig überführt zu sein. Varianten des zweiten Verdächtigen, des BRCA1-Gens, waren jedoch nicht mit einem erhöhten PCa-Risiko verbunden.2 Auch bei Bauchspeicheldrüsen-, Magen- und männlichem Brustkrebs zeigte sich, dass Träger:innen von BRCA-Varianten ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko hatten.2
Die Autor:innen schlussfolgern, dass diese Erkenntnisse dazu genutzt werden sollten, das Vorsorge- und Risikomanagement von Frauen und Männern aus diesen sogenannten Trägerfamilien zu optimieren.2 Bereits jetzt können Hausärztinnen und Hausärzte oder behandelnde Urolog:innen Männer an genetische Beratungsstellen der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik e. V. verweisen, wenn sich PCa-Fälle in der Familie häufen.1 In der Regel übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine humangenetische Beratung, wenn es Hinweise auf ein erbliches Risiko gibt.1
Referenzen:
ONC_2022_0060_DE | Erstellt Feb. 2022