Kennt ihr das, wenn jemand ein Sprichwort benutzt, aber nicht ganz korrekt? Eine Pferdebesitzerin trieb mich damit manchmal schier zur Verzweiflung. Und dennoch wurde sie zu einer meiner liebsten Kundinnen.
Der folgende Text ist fachlich gänzlich belanglos. Lediglich möchte ich eine spaßige Erfahrung teilen und damit vielleicht, gerade in diesen schwierigen Zeiten, denen, die dafür Zeit haben, ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Ich bin Tierärztin auf dem Land und fahre mit meinem Praxisauto oft zu Pferdebesitzern raus. Hier kommt also eine Erinnerung an meine unfreiwillig lustigste Kundin.
Ich schätze sie wirklich – sie geht toll mit ihren Pferden um und ist auch sonst einfach super sympatisch. Ihre unterhaltsame Schwäche: Sie steht mit Sprich- und Fremdwörtern auf Kriegsfuß. Jetzt zieht sie leider weg, hat ihre große Liebe gefunden, so erzählte sie es mir. Ich werde sie vermissen.
Oft musste ich nach einem Besuch bei ihr raten, was die Gute wohl eigentlich hätte sagen wollen, oder welche zwei Dinge sie vermischt hat. Wenn ihr mögt, ratet gerne mit:
Als ich sie vor vier Jahren kennenlernte, stellte sie mir ihren Knabstrupper vor. Für alle, die es nicht wissen können, ein weißes Pferd mit schönen, schwarzen Punkten. Ich wollte nett sein und sagte: „Wie außergewöhnlich hübsch – waren Sie als Kind Pippi Langstrumpf Fan?“ Sie daraufhin: „Nein, mit Pippi konnte ich mich noch nie desinfizieren.“ Ich wollte ihr schon erklären, dass das auch nicht ratsam sei, verkniff es mir aber und lachte still in mich hinein.
Das war der Auftakt einer schönen und sehr unterhaltsamen Tierarzt-Kunden-Beziehung. Sie hat mich im Laufe der Jahre mit vielen anderen Weisheiten bedacht und wir hatten ein tolles Verhältnis. Mit den Worten der Kundin: „Sie wissen ja, Ratschläge von Ihnen nehme ich mir immer zur Brust!“ Sie findet es gut, wenn immer nur der gleiche Tierarzt kommt, weil „viele Köche sind des Hasen Tod.“ Und so wurde ich ihre Tierärztin für alle Fälle.
Ich fahre gerne zu ihr und schaue nach ihrem Pferd. Wenn ich es abhöre, ermahnt sie es: „Halt still jetzt, sonst ist der Ofen offen!“ Wenn es um die Wahl des richtigen Mineralfutters für ihr Tier geht, findet sie: „Augen auf beim Hühnerkauf“ und fragt, ob man da Selen noch extra geben müsse. Ich verneine und erkläre ihr, das sei überflüssig. „Ach so“, entgegnet sie mir, „das ist dann das dritte Rad am Wagen.“ Äh, ja, genau.
Später im Auto denke ich: Nein, das fünfte!
Und so geht das immer weiter. Bei jedem Besuch schafft sie es, mich heillos zu verwirren – und zum Schmunzeln zu bringen. Es ist zu schlammig auf der Weide? Daher kommt die Strahlfäule? „Da liegt also der Hund im Pfeffer.“ Oder auch: „Sie haben recht, Frau Doktor, das muss anders werden, da beißt die Maus den Schwanz nicht ab.“ Der Schmied ist fertig mit dem Beschlag. Kommentar der Kundin: „Sitzt, wackelt und hat Spiel.“ Sie fährt auch nicht mehr länger als drei Tage weg, denn: „Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Dach.“
Nächster Besuch, nächstes Problem. Ihr Pferd ist anscheinend sehr verfressen, und hat deshalb nachts die Weide verlassen um die Streuobstwiese nebenan zu plündern, und jetzt geht es ihm schlecht. „Das trifft die Nadel auf den Kopf“, entgegnet sie auf meine detektivisch anmutende Herleitung des Vorfalls. Und als es ihm wieder gut geht: „Danke, da haben wir gerade noch mal die Katze vom Eis geholt.“ Ich frage anschließend, ob ich auch ein Leckerchen haben kann, um ihr Pferd zu belohnen, weil es so brav war. Klar, „Liebe geht durch den Mund.“ Es ist auch klar, dass ihr Pferd meine Leckerchen nicht will, nur ihre eigenen, denn „Was der König nicht kennt, frisst er nicht.“
Jetzt macht sie sich Sorgen wegen des Umzugs und überlegt, ob die Pferde das problemlos schaffen werden, schließlich „verpflanzt man einen alten Busch nicht.“ Mit einem Lächeln fügt sie schließlich hinzu: „Aber, wer nicht will, der nicht gewinnt.“
Wenn ich fahre, ruft sie mir schon mal zum Abschied hinterher: „Arbeiter soll man nicht aufhalten!“ Und wenn ich es sehr eilig an dem Tag habe: „Immer langsam, Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.“ Kaum sitze ich im Auto, überlege ich, wie das Sprichwort eigentlich geht ... London? Berlin? Aber nein, dieses Mal hat sie es tatsächlich korrekt benutzt. Fast schade – die falsche Erwartungshaltung ließ mich tatsächlich kurz an Rom zweifeln. Besuche bei ihr trainieren wirklich das Gedächtnis.
An einem heißen Sommertag konnte ich mich nicht zurückhalten und musste einen ihrer lustigen Wortverdreher einfach aufgreifen. Sie machte sich Sorgen wegen ihres Schwitzens: „Es tut mir leid, hoffentlich stinke ich nicht, ich hab mein Antitransparent vergessen.“ Ich entgegne ihr also: „Haben Sie Angst, dass ich Sie nicht sehe?“ Große Augen, Unverständnis ... Ich überlege kurz, mich zu erklären: Transparent – also Plakat, statt Antitranspirant. Schließlich stottere ich aber nur: „Ich dachte nur, weil Sie sich wegen des Geruchs sorgen. Ganz egal, ich rieche sie nicht, ich schwitze selber. Hauptsache, wir sehen uns ...“ Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen, aber ich konnte mich in dem Moment einfach nicht zügeln.
Bestimmt waren das nicht annähernd alle lustigen Sprüche, die sie mir im Laufe der Zeit aufgetischt hat, aber es sind die, an die ich mich noch erinnere. Ihr glaubt kein Wort?
So eine Kundin kann es nicht geben?
Nun, in diesem Fall: Danke, ihr müsst mich für recht kreativ halten. Bei irgendeinem Kollegen schlägt sie sicher auf. Und wenn er meine kleine Anekdote hier gelesen hat, wird dieser sie erkennen. Ich würde mich wirklich freuen, zu hören, wie es ihr geht.
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