Hunden mit Megaösophagus fällt das Fressen schwer, sie erbrechen oft und es kommt häufig zu Aspirationspneumonien. Bisher gab es keine gezielte Therapie. Forscher aus den USA erzielten jetzt Erfolge – mit einem unerwarteten Wirkstoff.
Hunde mit Megaösophagus leiden unter einer abnormen Erweiterung der Speiseröhre. Die Dilatation kann genetisch bedingt sein oder durch eine vorangegangene Erkrankung zustande kommen. Die Tiere haben Schwierigkeiten, zerkaute Nahrung weiter in den Magen zu befördern, sodass sich diese im unteren Teil der Speiseröhre staut. Unbehandelt erbrechen viele Tiere ihre Nahrung, es kommt früher oder später zu Aspirationen in die Lunge.
Der PDE-5-Inhibitor Sildenafil, auch als Viagra® bekannt, könnte sich als lang erwartetes Heilmittel für betroffene Tiere herausstellen – das lässt zumindest eine erste kleine Studie aus den USA hoffen. Die am College of Veterinary Medicine der Washington State University (WSU) durchgeführte Studie wurde im American Journal of Veterinary Research veröffentlicht.
„Aus der Literatur wissen wir, dass viele Hunde mit dieser Krankheit innerhalb von acht Monaten nach der Diagnose an Aspirationspneumonie sterben oder aufgrund ihrer schlechten Lebensqualität eingeschläfert werden müssen“, erklärt Dr. Jillian Haines, Tierärztin an der WSU und Leiterin der Studie.
Die Forscher konnten zeigen, dass oral gegebenes Sildenafil die glatte Muskulatur der unteren Speiseröhre entspannen kann, so dass der Nahrungsbrei besser in den Magen gelangt und weniger häufig regurgitiert wird. Abgesehen von seltenen gastrointestinalen Reizungen sind bei der in der Studie verwendeten Dosis keine Nebenwirkungen bei den Hunden aufgetreten.
Sildenafil ist vor allem zur Behandlung von Erektionsstörungen bekannt, das Medikament kann aber auch zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie beim Menschen und beim Hund eingesetzt werden.
„Wenn man sich die Literatur ansieht, gibt es keine Medikamente, die wir zur Behandlung von Megaösophagus einsetzen können. Sildenafil ist das erste Medikament, das auf diese Mechanismen abzielt und die Regurgitation reduziert, was von großer Bedeutung ist, denn daran sterben diese Hunde letztendlich“, so Haines. „Es öffnet den unteren Speiseröhrenschließmuskel für 20 Minuten bis eine Stunde, was bei Hunden sehr gut funktioniert, weil wir wollen, dass er sich nur beim Fressen öffnet.“
Die WSU-Veterinärmedizinerinnen Dr. Susan Mehain und Sarah Guess leiteten die Studie gemeinsam mit Haines. Die drei Forscherinnen konnten mit Hilfe der Videofluoroskopie beobachten, wie flüssiges Nassfutter die Speiseröhre hinunterwandert.
Zehn Hunde mit Megaösophagus, die an der Studie teilnahmen, bekamen jeweils zwei Wochen lang entweder ein Placebo oder Sildenafil verabreicht. Anschließend erhielten die Hunde eine Woche lang keines der beiden Medikamente. Dann wurden die Placebo- und Sildenafil-Gruppen getauscht. Die Besitzer wurden beauftragt, Regurgitationen zu protokollieren, ohne dass sie wussten, welches Medikament ihr Hund bekommen hat.
Bei der 30-minütigen Videofluoroskopie, bei der Tierärzte mit Hilfe von Röntgen untersuchen, wie Nahrung geschluckt wird, gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen Placebo und Sildenafil. Die Studie ergab jedoch, dass neun von zehn Besitzern in den zwei Wochen, in denen Sildenafil in flüssiger Form verabreicht wurde, über ein geringeres Regurgitieren berichteten. „In vielen Fällen waren die Besitzer in der Lage, anzugeben, welches der Medikamente Sildenafil war, weil es funktionierte“, berichtet Haines.
Die teilnehmenden Hunde nahmen bis zum Ende der Studie im Durchschnitt etwas mehr als 2 Pfund zu. „Bei mäßig betroffenen Hunden, die zwar erbrechen, aber nicht übermäßig, schienen die Ergebnisse am dramatischsten zu sein“, so Haines. „Ich habe mehreren dieser Patienten nach der Studie Sildenafil verschrieben und sie nehmen es noch heute.“
Bei schwerer betroffenen Hunden waren die Ergebnisse nicht ganz so eindeutig. In diesen Fällen stellten die Forscher fest, dass es schwieriger war, das Medikament überhaupt erst mal in den Magen zu bekommen. Obwohl die Ergebnisse vielversprechend sind, so Haines, müsse man noch viel über das Medikament und diese Indikation herausfinden. Sie hofft, dass künftige Studien die Verwendung von Sildenafil in der Tiermedizin untersuchen werden.
Bildquelle: Ayla Verschueren, unsplash