So unterschiedlich wie unsere Patientinnen sind, sind auch ihre Anforderungen an die passende Verhütung. Drospirenon als Mono-Präparat scheint hier ein echter Allrounder zu sein.
Die kombinierte orale Antikonzeption, allgemein als die Pille bezeichnet, kam 1961 auf den Markt. Damals, obwohl noch in sehr hoher Dosierung, war sie der Befreiungsschlag schlechthin. Sie zählt in den Industrienationen weiterhin zur häufigsten Form der Empfängnisverhütung, wird jedoch insbesondere von jüngeren Frauen immer öfter hinterfragt. Werden die Risikofaktoren mit dem individuellen Sicherheitsbedürfnis abgewogen, bleibt aber immer noch eine große Anzahl von Frauen, die einen hohen Nutzen aus einer hormonellen Verhütungsmethode ziehen.
Die klassische kombinierte Pille besteht aus einem Östrogenanteil, meist Ethinylestradiol, und je nach Präparat aus einem unterschiedlichen Gestagen. Aufgrund der Zusammensetzung werden unterschiedliche Risikoprofile und Zusatzeffekte beobachtet.
In einer internationalen Anwendungsliste werden die verschiedenen Risikokonstellationen aufgeführt und Empfehlungen für die Auswahl der einzelnen Verhütungsmethoden getroffen. Schon ein kurzer Überblick macht deutlich, dass bei der kombinierten oralen Kontrazeption mehr Vorsicht geboten ist, als bei den Gestagen-mono-Methoden. Die Tabelle gibt dann rote Warnfarbe und Kategorie 3 bis 4, also eingeschränkte bis keine Empfehlung, wenn das Risiko den Nutzen übersteigt. Hilfreich für die täglich Praxis ist auch der Leitfaden Kontrazeption mit OC von Römer und Göretzlehner, worin die Anwendung oraler Kontrazeptiva in 238 Problemsituationen beleuchtet wird.
Generell sollten bei der Erstanwendung Präparate mit Levonorgestrel, ein Gestagen mit vergleichsweise niedrigerem Thromboserisiko, verordnet werden. Vorübergehende Pillenpausen sind kontraproduktiv, da das Thromboserisiko in den ersten Einnahmemonaten am höchsten und bereits nach einem Monat Unterbrechung wieder so hoch wie zu Beginn ist. Das erhöhte Thromboembolie-Risiko unter einer kombinierten Pille steht in der Gefahrenbewertung im Vordergrund. Je mehr weitere Risikofaktoren wie Adipositas, erhöhtes Alter oder Nikotinabusus vorliegen, desto zurückhaltender sollten kombinierte Präparate eingesetzt werden. Klare Kontraindikationen sind anamnestische thromboembolische Ereignisse oder hereditäre Thrombophilien. Auch bei hormonabhängigen Karzinomerkrankungen sind Hormonpräparate generell zu hinterfragen.
Heißt also: Eine 38-jährige adipöse Frau, die unter leichter Hypertonie leidet und raucht, sollte nicht mit einem Kombinationspräparat verhüten. Eine gesunde 28-jährige Frau mit leichter Gesichtsakne, die eine sichere Kontrazeption wünscht, profitiert von einem antiandrogenen Kombinationspräparat.
Studien über depressive Verstimmungen unter oralen Kontrazeptiva sind widersprüchlich, sollten aber bei Prädispositionen oder Neuauftreten Anlass zur Vorsicht geben. Die kombinierte orale Kontrazeption ist außerhalb eines Risikokollektivs sicher und hat je nach Präparat günstige Zusatzeffekte, etwa auf Androgenisierungserscheinungen oder Dysmenorrhoe.
Schon ein Blick auf die internationale Anwendungsempfehlung zeigt, dass Gestagen-mono-Präparate hauptsächlich in der grünen Kategorie 1 und 2 liegen. Sie haben nach aktueller Datenlage kaum Einfluss auf das Gerinnungssystem und scheiden nur bei hormonabhängigen Karzinomerkrankungen und in wenigen Einzelsituationen aus. Die am längsten bekannte Minipille mit Levonorgestrel ist nicht ovulationshemmend. Ihre Wirksamkeit über Gestageneffekte aufs Endometrium, Tubenmotilität und Zervixmukus ist auch wegen des exakten 3-Stunden-Einnahmefensters limitiert.
Gestagen-mono-Präparate mit Desogestrel haben ein höheres Sicherheitsprofil und werden seit vielen Jahren bevorzugt in Risikosituationen eingesetzt. Sie wirken ovulationshemmend, unterliegen einem 12-Stunden-Einnahmefenster und sind in der Stillzeit oder bei menstrueller Migräne eine bevorzugte Wahl. Ungünstig können sich bei dieser kontinuierlichen Einnahmeform Blutungsstörungen und androgene Begleiterscheinungen auswirken.
Seit April 2021 gibt es in Deutschland ein Drospirenon-mono-Präparat, das viele Vorteile zu vereinen scheint. Es wirkt ovulationshemmend, hat ein 24-Stunden-Einnahmefenster und verhält sich durch sein zyklisches Anwendungsschema (24 Tage Drospirenon und 4 Tage Placebo) stabilisierend auf das Blutungsmuster. Es kann sowohl in thromboembolischen Risikosituationen als auch in der Stillzeit eingesetzt werden. Es zeigt antimineralokortikoide und antiandrogene Effekte und hat sich in Studien auch bei Adoleszentinnen und übergewichtigen Frauen bewährt. Gerade bei einem PCO- oder PMS-Syndrom und bei Androgenisierungserscheinungen werden positive Auswirkungen beschrieben.
Eine rauchende 18-jährige, leicht hypertone Patientin mit einem BMI von 30, die eine sichere Verhütung benötigt, würde mit diesem neuen Gestagen-mono-Präparat gut beraten sein.
Frauen, die sich mit einer regelmäßigen Einnahme schwertun, können von einem vaginalen Verhütungsring profitieren. Dieser wird zyklisch ausgetauscht, hat aber eine ähnliche Risikokonstellation wie die oralen kombinierten Präparate, da er ebenfalls beide Hormonkomponenten enthält.
Intrauterine Systeme waren bis vor einigen Jahren Frauen vorbehalten, die bereits eine vaginale Geburt hinter sich hatten. Das hat sich komplett verändert. Zwar gelten intrauterine Verhütungssysteme nach wie vor nicht als Mittel der ersten Wahl bei einer Nullipara, sind aber nach Beratung über Alternativen und besonders in Risikokonstellationen eine gute Möglichkeit. Gerade auch weil mittlerweile kleinere Modelle entwickelt wurden, die für junge Frauen geeignet sind. Ob Hormonspirale oder ein System mit Kupfer, die Vorteile sind eine hohe Sicherheit durch Vermeidung von Einnahmefehlern, Medikamenteninteraktionen oder bei beruflichen Zeitverschiebungen. Hormonspiralen enthalten Levonorgestrel und können daher auch in thromboembolischen Risikokonstellationen angewandt werden. Kupfersysteme sind eine Alternative bei hormonabhängigen Tumorerkrankungen.
Gestagen-Implantate am Oberarm, sogenannte Verhütungsstäbchen, sind in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern unterrepräsentiert. Grund könnte ein ungünstiges Blutungsmuster und die zwar seltene, aber schwerwiegende Migration der Implantate sein.
Ebenfalls nur ein Schattendasein spielen Gestagen-Depot-Injektionen, auch als 3-Monatsspritze bekannt. Neben einer guten Ovulationshemmung und ausbleibendem Einnahmefehler gibt es einige Nachteile: Im Gegensatz zu anderen Gestagen-mono-Präparaten ist das Thromboserisiko erhöht, die Knochendichte sinkt insbesondere bei Adoleszentinnen und prämenopausalen Frauen, die Blutungsprofile und das verzögerte Wiedererlangen der Fertilität erscheinen ungünstig. Die laparoskopische Tubenligatur oder eine Vasektomie können bei abgeschlossener Familienplanung eine Alternative darstellen.
Eine 35-jährige Frau, die bereits zwei Kinder geboren und anamnestisch eine Thrombose hatte, würde von einer Langzeitverhütung mit einer Spirale profitieren. Genauso wie eine 20-Jährige Patientin, die Antiepileptika einnimmt und darunter keinesfalls schwanger werden sollte.
Verhütung sollte dem Sicherheitsanspruch der Patientin und ihrer Lebenssituation angepasst sein. „Wäre es schlimm, wenn Sie jetzt schwanger werden würden?“, klärt solche Situationen. Möchte die Patientin auf keinen Fall schwanger werden, dann wären die aufgeführten, eher sicheren Methoden zu bevorzugen. Lautet die Antwort „Nein, aber ein bisschen Zeit wollte ich mir noch lassen. Nehmen will ich nichts“, dann können unsicherere Alternativen wie Verhütungscomputer oder Barriere-Methoden eine Rolle spielen.
Eine 32-Jährige Frau möchte nach Spontangeburt und Stillzeit etwa in 1–2 Jahren wieder schwanger werden, aber keine Medikamente einnehmen. Sie kommt mit einer Zyklusapp und einer Barriere-Methode gut klar.
Eine gute und sichere Antikonzeption beginnt mit einer ausführlichen Anamnese, dem Aufzeigen aller in Frage kommenden Alternativen und einer individuellen Beratung. Bei Beachtung von Risikofaktoren und Kontraindikationen ist die klassische Kombinations-Pille eine empfehlenswerte Möglichkeit. Orale Gestagen-mono-Präparate haben ein breites Einsatzspektrum und finden gerade in thromboembolischen Risikokonstellationen und während der Stillphase breite Anwendung. Das neue Drospirenon-mono-Präparat erscheint vielversprechend. Intrauterine Systeme auf Hormon- oder Kupferbasis werden immer beliebter und haben dank ihrer Weiterentwicklung ein größeres Einsatzspektrum erlangt.
Gewissenhafte Verhütungsberatung bleibt also der effektivste Weg, um Schwangerschaftskonflikte zu vermeiden.
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