Bei einem 60-jährigen Mann wird ein Tumor an der Nebenniere festgestellt. Dieser soll nun chirurgisch entfernt werden. Doch als der Tumor bereits entfernt ist, wird der Patient plötzlich hämodynamisch instabil.
Ein 60-jähriger Mann erleidet immer wieder Anfälle von Angst, Unruhe, Kopfschmerzen und Blässe. Diese Anfälle gehen mit Palpitationen und hypertensiven Krisen einher. Daraufhin entdecken Ärzte mittels CT linksseitig eine Masse an der Nebenniere. Zusätzlich stellen sie erhöhte Normetanephrine und Metanephrine im Urin des Mannes fest, weshalb sie einen Katecholamin produzierenden Tumor vermuten. Nun stellt sich der Patient zur Entfernung des Tumors in der chirurgischen Abteilung eines Krankenhauses vor.
In seiner medizinischen Vorgeschichte sind Diabetes mellitus Typ 2, Dyslipidämie, eine mäßige Aortenklappeninsuffizienz sowie die kürzlich diagnostizierte sekundäre arterielle Hypertonie bekannt. Bei Aufnahme ist er hämodynamisch stabil. Präoperativ erhält er 30 Tage lang Alpha- und Betablocker. Sein Aufnahme-EKG zeigt eine Sinustachykardie und negative T-Wellen in den seitlichen Ableitungen. In der Echokardiographie lässt sich eine linksventrikuläre Auswurffraktion (LVEF) von 55 % messen, es sind keine regionalen Wandbewegungsstörungen sichtbar. Anschließend kann der Eingriff erfolgen.
Während der laparosokopischen Operation verursachen selbst sanfte Manipulationen des Tumors arterielle Druckspitzen von bis zu 180 mmHg, die sich jedoch unter Kontrolle bringen lassen. Doch als der Tumor bereits entfernt ist, wird der Patient plötzlich hämodynamisch instabil. Sein Blutdruck sackt auf 50/30 mmHg ab, und zusätzlich zeigt ein EKG nun einen neu aufgetretenen Schenkelblock. Sofort ist klar: Jetzt ist schnelles Handeln gefragt.
Der 60-jährige wird sofort zu einer Notfall-Koronarangiografie gebracht. Allerdings sind dabei keine obstruktive atherosklerotischen Pathologien oder Vasospasmen, die das Geschehen erklären könnten, zu sehen. Doch als die Ärzte noch einmal einen genaueren Blick auf die Ventrikel werfen, machen sie eine entscheidende Entdeckung. In der Ventrikulographie sehen sie linksventrikulär eine zirkumferentielle mittelventrikuläre und apikale Akinesie. Dies können sie zusätzlich mittels Echokardiographie bestätigen, wo sie außerdem eine LVEF von 25 % messen. Auch später erhobene Laborwerte sind hochverdächtig, denn sowohl Troponin als auch NT-proBNP sind erhöht.
Aufgrund dieser Konstellation vermuten die Ärzte, dass es sich um eine Takotsubo-Kardiomyopathie handelt. Der Patient bleibt insgesamt 12 Tage auf der Intensivstation, wo er eine inotrope und vasopressorische Medikation erhält und die ersten drei Tage beatmet werden muss. Glücklicherweise verbessert sich die systolische Funktion des linken Ventrikels allmählich, sodass am 15. postoperativen Tag eine Auswurffraktion von 55 % messbar ist. Auch EKG und Labor haben sich wieder normalisiert. Aus der Pathologie kommt zudem später der Befund: Es handelte sich um ein Phäochromozytom der Nebenniere.
Text- und Bildquelle: Paraschiv et al. / Oxford Medical Case Reports
Titelbild: Unsplash / Anna Dziubinska