Ein junger Mann verspürt bei körperlicher Anstrengung immer wieder Herzrasen. Da die Medikamente nicht wirken, führen die Ärzte verschiedene elektrophysiologische Untersuchungen durch. Doch die Suche nach dem Ursprung gestaltet sich nicht so einfach wie gedacht.
Ein 22-jähriger Mann leidet seit etwa 4-5 Jahren bei körperlicher Anstrengung immer wieder an atrialen Tachykardien. Meist gehen diese mit Schwindel einher. Nun wird er zur genaueren Abklärung an die kardiologische Abteilung einer Universitätsklinik in Belgien überwiesen. Dort werden einerseits Tachykardien von bis zu 250 bpm gemessen, aber auch langsamere ektopische Rhythmen von etwa 100 bpm. Während der Tachykardien sind außerdem immer wieder atrioventrikuläre Blöcke unterschiedlichen Grades zu beobachten. Der junge Mann wird daher zunächst mit Flecainid behandelt, doch seit etwa 3-4 Monaten treten die Rhythmusstörungen mehrmals wöchentlich auf und dauern zwischen einer Minute bis zu mehreren Stunden. Die körperliche Untersuchung und auch ein Echokardiogramm sind jedoch unauffällig.
Im nächsten Schritt führen die Ärzte eine elektrophysiologische Untersuchung durch. Dabei sind zunächst nur supraventrikuläre Extrasystolen feststellbar. Im Vergleich zum Sinusrhythmus ist die Amplitude der P-Welle in Ableitung I leicht reduziert, in Ableitung II, III und aVF ist sie hingegen erhöht, in aVL zeigen sich invertierte P-Wellen und in V1 liegt eine Änderung der Polarität der P-Welle von biphasisch positiv-negativ zu positiv vor.
Nach einer atrialen Burst-Stimulation tritt dann eine atriale Tachykardie mit 220 Schlägen pro Minute und 2/1-Block auf, die Polarität der P-Wellen entspricht dabei der der Extrasystolen.
Doch merkwürdigerweise zeigt sich wenig später ein scheinbar regelmäßiger aber sehr langsamer Rhythmus von 45 bpm. Interessanterweise sehen die P-Wellen nicht bei jedem Herzschlag gleich aus. Einmal ähneln sie dem ektopischen Rhythmus, der während der schnellen Tachykardie und der Extrasystolen aufgezeichnet wurde und einmal dem normalen Sinusrhythmus.
Die Ärzte vermuten daher, dass sich hier Sinusyrhytmus und ektopischer Rhythmus abwechseln und so das Bild einer normalen Vorhoferregung ergibt.
Um die Ursache dieser Rhythmusstörungen genauer abzuklären und den fokalen Ursprung zu identifizieren, führen die Ärzte nun intrakardiale Messungen durch. Dabei stellen sie fest, dass während der Extrasystolen und der Tachykardie der rechte Vorhof und der Sinus coronarius gleichzeitig aktiviert werden, während die Seitenwand des rechten Vorhofs etwas verspätet erregt wird. Sie ziehen daher differentialdiagnostisch einen Fokus in der rechten Vorhofscheidewand, im Aortenhöcker, in der linken Vorhofscheidewand oder in der rechten oberen Lungenvene in Betracht. Die früheste atriale Aktivierung während der Arrhythmie vermuten die Ärzte im oberen rechten Septumbereich etwa 30ms vor Beginn der eigentlichen P-Welle. Daher probieren sie zunächst eine Hochfrequenzablation an dieser Stelle - doch leider erfolglos. Plan B? Sie verschaffen sich durch eine transseptale Punktion Zugang zum linken Vorhof und platzieren einen Mapping-Katheter in der rechten oberen Pulmonalvene. Damit können sie tatsächlich noch frühere Potenziale messen, die etwa 100ms vor Beginn der P-Welle auftreten und für die Extrasystolen verantwortlich sind.
Der Ursprung scheint also in den Pulmonalvenen zu liegen. Auch hier probieren die Ärzte mittels Pulmonalvenenisolation die irreguläre Reizweiterleitung zu stoppen. 24-Stunden nach dem Eingriff sind tatsächlich nur noch typische Vorhoferregungen ausgehend vom Sinusknoten messbar. Auch 3 Jahre später ist der Patient noch symptomfrei.
Text- und Bildquelle: Verbeet et al. / Oxford Medical Case Reports
Bildquelle: swooshed / pixabay