Per Bluttest Diabetes erkennen, lange bevor die Krankheit ausbricht – kann das möglich sein? Forscher entwickelten eine Methode zur Erstellung eines detaillierten Lipid-Profils, die genau das können soll.
Einer Studie in PLOS Biology zufolge könnte die gleichzeitige Messung von Dutzenden von Fettarten im Blut („Lipidomik“) das Risiko der Entwicklung von Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Erkrankungen Jahre in der Zukunft vorhersagen. Eine frühzeitige Vorhersage durch die Erstellung von Lipid-Profilen könnte die Grundlage für die Empfehlung von Ernährungs- und Lebensstilmaßnahmen bilden, schon bevor die Krankheit ausbricht.
Derzeit stützt sich die Bewertung des Diabetes- und Herz-Kreislauf-Risikos weitgehend auf die Krankengeschichte und das aktuelle Risikoverhalten der Patienten sowie auf die Werte und das Verhältnis der beiden wichtigsten Blutlipide – LDL und HDL. Das Blut enthält jedoch über hundert weitere Lipidarten, von denen man annimmt, dass sie zumindest teilweise Aspekte des Stoffwechsels und der Homöostase im gesamten Körper widerspiegeln.
Die Autoren untersuchten anhand von Daten und Blutproben aus einer Längsschnittstudie mit über 4.000 gesunden schwedischen Einwohnern mittleren Alters, ob eine umfassendere Messung der Blutfette die Genauigkeit der Risikovorhersage erhöhen könnte. Diese wurden erstmals zwischen 1991 und 1994 untersucht und bis 2015 weiterverfolgt. Anhand der Ausgangsblutproben wurden die Konzentrationen von 184 Lipiden durch quantitative Massenspektrometrie bestimmt. Während des Beobachtungszeitraums entwickelten 13,8 % der Teilnehmer Typ-2-Diabetes und 22 % eine kardiovaskuläre Erkrankung.
Zur Entwicklung des lipidbasierten Risikoprofils führten die Autoren wiederholte Trainings-/Testrunden mit den Daten durch, wobei sie zwei Drittel der Lipiddaten nach dem Zufallsprinzip auswählten, um ein Risikomodell zu erstellen und dann prüften, ob das Modell das Risiko für das verbleibende Drittel genau vorhersagt. Nach der Entwicklung des Modells wurden die Personen auf der Grundlage ihres Lipid-Profils in eine von sechs Untergruppen eingeteilt.
Im Vergleich zum durchschnittlichen Risiko von 13,8 % bei allen Gruppen lag das Risiko für Typ-2-Diabetes in der Gruppe mit dem höchsten Risiko bei 37 %, was einem Anstieg um 168 % entspricht. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen lag in der Gruppe mit dem höchsten Risiko bei 40,5 %, was einem Anstieg des Risikos um 84 % gegenüber dem Gruppendurchschnitt von 22 % entspricht. In den Gruppen mit dem niedrigsten Risiko wurde eine signifikante Verringerung des Risikos im Vergleich zu den Durchschnittswerten festgestellt. Bei beiden Krankheiten war das erhöhte Risiko unabhängig von bekannten genetischen Risikofaktoren und auch unabhängig von der Anzahl der Jahre bis zum Ausbruch der Krankheit.
Die Ergebnisse erlauben mehrere potenziell wichtige Schlussfolgerungen. Auf individueller Ebene könnte es so möglich sein, das Risiko bereits Jahrzehnte vor dem Ausbruch der Krankheit zu bestimmen. So könnten möglicherweise rechtzeitig Maßnahmen ergriffen werden können, um die Krankheit zu verhindern. Die Lipidomik könnte, entweder in Kombination mit der Genetik und der Krankengeschichte oder unabhängig davon, neue Erkenntnisse darüber liefern, wann und warum eine Krankheit beginnt. Durch die Identifizierung der Lipide, die am stärksten zum Risiko beitragen, könnten außerdem neue Arzneimittelkandidaten ermittelt werden.
„Das lipidomische Risiko, das aus einer einzigen massenspektrometrischen Messung abgeleitet wird, die billig und schnell ist, könnte die traditionelle Risikobewertung auf der Grundlage klinischer Tests erweitern“, so Studienautor Chris Lauber von der Firma Lipotype.
Dieser Artikel beruht auf einer Pressemitteilung von PLOS. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Arthur Ogleznev, unsplash.