Teils berechtigt, teils lächerlich: Wenn sich Patienten über Ärzte beschweren, ist alles möglich. Anstatt Einträge für das Beschwerdemanagement der Klinik zu verfassen oder die Ärztekammern zu kontaktieren, wählen unzufriedene Patienten immer öfter andere Wege.
Jeder Arzt war schon einmal mit Beschwerden seiner Patienten konfrontiert. Diese Beschwerden werden nicht immer in persönlichen Gesprächen geäußert sondern auch in Form von Briefen oder Mails. In den letzten Jahren haben in diesem Zusammenhang auch Bewertungsportale im Internet deutlich an Relevanz gewonnen. Die Tatsache, dass Patienten diesen Service anonym nützen können, sehen viele Mediziner kritisch.
Laut V. Sozialgesetzbuch, § 135a, müssen Kliniken ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement anbieten. Ende 2017 gewährte der Bundesverband Beschwerdemanagement für Gesundheitseinrichtungen Einblicke in die Resultate. Etliche Kritikpunkte betrafen die Organisation und Logistik (23 Prozent) wie beispielsweise Wartezeiten, gefolgt von Beschwerden zum Gebäude oder der Ausstattung (17 Prozent) und zu Pannen bei der Kommunikation (16 Prozent). Positiv äußerten sich Patienten über Pflegeleistungen (25 Prozent), ebenfalls über die Kommunikation (23 Prozent) und die ärztliche Versorgung (22 Prozent). An der Erhebung beteiligten sich 213 Krankenhäuser. Von außen betrachtet wirkt die Sache wenig transparent. Im Internet bietet dies Usern die Möglichkeit, Krankenhäuser über Social Media zu kritisieren oder sogar zu bashen. Das ist im Juli 2017 dem Klinikum Dortmund passiert, nachdem es über die Nominierung zum „Klinik Award“ berichtet hatte: eine Auszeichnung, die besondere Leistungen im Kommunikationsbereich würdigt.
Nach der Veröffentlichung auf Facebook kam es völlig überraschend zum Shitstorm. Obwohl es in dem Post nicht um medizinische Aspekte ging, ließen sich User über die Behandlungs und Organisationsqualität des Krankenhauses aus. „Beschwerdemanagement, dass ich nicht lache“ oder „Bei allen Dortmunder Kliniken Katastrophe“, hieß es unter anderem auf Facebook. Ein Sprecher der Klinik sieht darin eher „individuelle Erlebnisse“ als substanzielle Kritik. Besonders treffen solche Postings niedergelassene Ärzte, weil sich potenzielle Patienten von negativen Bewertungen im Internet abschrecken lassen könnten. Sind Patienten aus welchem Grund auch immer mit ihrem Behandler nicht zufrieden, können sie sich bei der zuständigen Ärztekammer beschweren. Damit Eingaben überhaupt bearbeitet werden, sind detaillierte Unterlagen in schriftlicher Form einzureichen. Geht es nicht nur um Beschwerden an sich, sondern um mögliche Behandlungsfehler, wird der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) aktiv. Im Zeitalter der Social Media gibt es aber durchaus Alternativen.
„Ärztebewertungsportale wie Jameda und Sanego geben kein objektives Bild über die Qualifikation eines Arztes ab“, kritisiert Dr. Stefan Pollmächer aus Kassel. Auf Bewertungsportalen gibt es auch viele Patienten, die schlechte Noten vergeben und Leistungen mit „Vertrauen könnte höher sein“, „Unfassbar schlecht“, „Dieser Arzt geht nicht“ kommentieren. Nicht immer geht es tatsächlich um eine offene Fehlerkultur, sondern darum, Dampf abzulassen. „Ein Patient kann zwar beurteilen, ob ein Arzt eine schlechte Sprechstundenorganisation hat. Ob er allerdings fachlich qualifiziert ist, wird er als Laie nur schwer bewerten können“, argumentiert Pollmächer. Gleichzeitig verweist er auf die Erpressbarkeit. Gibt es kein Originalpräparat oder keine Krankschreibung, drohen schlechte Bewertungen im Web. Dr. Ulrich Luther aus Freiburg ergänzt: „Hauptproblem ist, dass die Patienten anonym die Ärzte beurteilen.“ Besser wäre, „dass sich unzufriedene Patienten direkt beim Arzt melden“. Mehrere Ärztekammern befürworten es zwar, Patienten eine Stimme zu geben. Sie raten aber, nur Kriterien wie die Organisation, den Service oder die Freundlichkeit einzubeziehen. Medizinische Aspekte könnten Laien nicht beurteilen.