Viele Patientinnen hätten gerne eine Alternative zum Antibiotikum bei unkomplizierter Zystitis. Doch was können Cranberry, Bärentraubenblätter und Meerrettich wirklich? Das IQWiG hat genau hingeschaut.
Im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat ein Wissenschaftsteam in Wien die Frage untersucht, ob pflanzliche Mittel bei wiederkehrender Blasenentzündung helfen. Das Fazit der Wissenschaftler: Der präventive Einsatz von Cranberry-Präparaten kann bei Frauen mit unkomplizierter wiederkehrender Blasenentzündung sinnvoll sein. Denn im Vergleich mit einer Placebo-Behandlung ergibt sich auf Basis mehrerer randomisiert kontrollierter Studien ein Hinweis darauf, dass der Infekt nicht oder erst später wiederkehrt. Ob der vorbeugende Einsatz von anderen Phytopräparaten bei unkomplizierten Blasenentzündungen ebenfalls vorteilhaft sein kann, ist wegen der Vielzahl an Mixturen allerdings kaum sicher zu beurteilen.
Bei zwei oder mehr symptomatischen Episoden pro Halbjahr bzw. drei oder mehr Episoden innerhalb eines Jahres spricht man von rezidivierender Blasenentzündung. Behandlungsoptionen umfassen sowohl antibiotische als auch nicht-antibiotische Therapien, darunter verschiedene pflanzliche Mittel.
Antibiotika helfen bei akuten Blasenentzündungen recht schnell und verkürzen die Krankheitsdauer. Doch sie sind nicht immer notwendig; unkomplizierte Blasenentzündungen heilen bei 30–50 von 100 Frauen auch ohne Antibiotika innerhalb einer Woche ab. Die eingesetzten pflanzlichen Mittel werden unter anderem hergestellt aus Cranberry, Bärentraubenblättern, Kapuzinerkressekraut oder Meerrettichwurzel. Sie sollen eine keimhemmende, entzündungshemmende oder harntreibende Wirkung haben und so die Dauer einer akuten Blasenentzündung verkürzen oder das Wiederauftreten vermeiden.
Ausgangspunkt des vorliegenden Berichts war die beim IQWiG gestellte Frage einer Bürgerin, ob es für Frauen mit einer unkomplizierten wiederkehrenden Blasenentzündung eine Alternative zur Behandlung mit Antibiotika gibt. Sie führte an, dass die häufige Einnahme von Antibiotika von vielen Menschen kritisch gesehen wird.
Für die Beantwortung dieser Frage identifizierte das vom IQWiG beauftragte Wissenschaftsteam 15 geeignete Studien, deren Verzerrungspotenzial allerdings meist als hoch eingestuft wird. Die meisten der eingeschlossenen Studien untersuchten Präparate, die Cranberry enthalten. Hier zeigt sich ein Hinweis auf einen Nutzen von Cranberry im Vergleich zu Placebo – sowohl was die Rezidivrate der Harnwegsinfektion angeht als auch bezüglich des Zeitraums bis zum Rezidiv.
Aus dem Vergleich von Cranberry-Präparaten zur Rezidivvermeidung mit einer antibiotischen Langzeitbehandlung zur Rezidivvermeidung zeigt sich ein Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen der Cranberry-Präparate. Die antibiotische Langzeitprävention wird in der entsprechenden S3-Leitlinie allerdings erst nach Versagen anderer Maßnahmen (Verhaltensänderungen, nicht-antibiotische Prävention) sowie bei hohem Leidensdruck der Patientinnen empfohlen.
In Hinblick auf die Vermeidung von Rezidiven gibt es neben den Cranberry-Präparaten für ein Präparat aus Bärentraubenblättern und Löwenzahn Anhaltspunkte für einen Nutzen im Vergleich zu Placebo. Auch für ein Präparat aus Liebstöckelwurzel, Rosmarinblättern und Tausendgüldenkraut (in der Kombination mit Antibiotika) gibt es Anhaltspunkte für einen Zusatznutzen im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Antibiotika. Zum Einsatz von Cranberry-Präparaten und anderen Phytotherapeutika zur Akutbehandlung symptomatischer Episoden sind keine aussagekräftigen Daten verfügbar.
„Wenn die Einnahme bestimmter pflanzlicher Präparate so auch zu einem geringeren Einsatz von Antibiotika – sowohl bei der Behandlung einer akuten Blasenentzündung als auch bei der Prävention – und damit zu einer Verringerung von Antibiotikaresistenzen beitragen könnte, wäre dies zu begrüßen“, kommentiert das IQWiG im Herausgeberkommentar zum Bericht.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.
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