Eine Parkinson-Erkrankung geht mit dem Verlust von Hirnzellen einher. Forscher schließen daraus: Könnten Medikamente die Erregbarkeit bestimmter Hirnzellen dämpfen, ließe sich Parkinson in einem frühen Stadium bremsen.
In den Zellen der Betroffenen reichert sich üblicherweise schon früh das Protein α-Synuclein an, das dabei in einer abgewandelten, falsch gefalteten Form auftritt. „Bislang wurden aber nur bestimmte Zelltypen ausgiebig untersucht, insbesondere die sogenannten dopaminergen Nervenzellen“, erklärt Prof. Niels Decher, einer der Leitautoren der aktuellen Studie. Um das zu ändern, tat er sich mit dem Parkinson-Spezialisten Prof. Wolfgang Oertel zusammen, der jahrelang die Klinik für Neurologie der Philipps-Universität leitete. Die Forschungsgruppe berichtet in der Wissenschaftszeitschrift Scientific Reports über ihre Ergebnisse.
„Der Locus caeruleus oder Blaue Kern ist eine Hirnregion, dessen Nervenzellen Jahre vor den dopaminergen Zellen beeinträchtigt sind, wenn eine Parkinson-Erkrankung einsetzt“, legt Oertel dar. Die Zellen dieser Hirnregion schütten den Botenstoff Noradrenalin aus, der als Neurotransmitter wirkt, also der Übertragung von Nervenerregungen dient.
Wie ändern sich die elektrophysiologischen Eigenschaften dieser Zellen bei einer Parkinson-Erkrankung? Das untersuchte die Forschungsgruppe auf zweierlei Weise: So traktierten sie die Neuronen mit dem Wirkstoff Rotenon – einem handelsüblichen Schädlingsvertilgungsmittel – das Effekte hervorruft wie bei einer Parkinson-Erkrankung. Außerdem untersuchten sie Neuronen von Mäusen, die α-Synuclein im Übermaß bilden – also das Protein, das sich im Krankheitsfall in den Hirnzellen anhäuft.
In beiden Fällen kommt es zu einer verstärkten Erregung der Neuronen. „Unsere Experimente lassen vermuten, dass dies an bestimmten Ionenkanälen liegt“, führt Dr. Lina Matschke aus, eine der beiden Erstautorinnen der Publikation. Denn wenn man solche Ionenkanäle mit einem pharmazeutischen Wirkstoff aktiviert, lässt sich dadurch nicht nur die Übererregbarkeit der Neuronen verhindern, sondern auch das Absterben von Zellen des Blauen Kerns.
„Unsere Ergebnisse bringen die Veränderung des elektrophysiologischen Verhaltens der Neuronen mit einer Fehlfunktion der Ionenkanäle in Verbindung“, fasst Erstautorin Marlene A. Komadowski zusammen. „Die Experimente zeigen einen möglichen Ansatz, um das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung bereits in einem frühen Stadium zu verlangsamen“, schlussfolgert Decher.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Philipps-Universität Marburg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Claudia van Zyl, unsplash