Nicht für jede Patientin mit Brustkrebs ist eine Chemotherapie sinnvoll. Bei der Frage, wann sie tatsächlich notwendig ist, kommen Genexpressionstests ins Spiel: Mehrere Tests geben eine höhere Sicherheit bezüglich einer Empfehlung.
Im Nachgang zu einer Operation stellt sich bei Patientinnen mit Brustkrebs häufig die Frage, ob eine zusätzliche Chemotherapie notwendig und auch wirklich effektiv ist. Wichtig ist dabei, dass die betroffenen Frauen nicht über-, aber auch nicht untertherapiert werden. In dieser Situation kann ein Genexpressionstest hilfreich sein. Damit kann untersucht werden, wie aktiv bestimmte Gene in den Tumorzellen sind.
Physiker der Universität Leipzig modellierten die Genexpressionstests und untersuchten auf der Basis dieser Modelle deren Nutzen. Ihre Forschungsergebnisse haben sie im Fachjournal PLOS ONE veröffentlicht.
Oft stehen die mit den Genexpressionstests untersuchten Gene im Zusammenhang mit den charakteristischen Eigenschaften einer Krebserkrankung wie zum Beispiel dem Tumorwachstum oder dem Eindringen der Tumorzellen in umliegendes Gewebe. Ein solcher Test stellt also eine Methode dar, die Aktivitäten mehrere Gene, das heißt einer Genliste, zu quantifizieren und somit die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, ob und wann die Patientin Metastasen bekommt.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen zum einen die Grenzen der Sicherheit der mit solchen Genlisten erreichten Vorhersagen auf und weisen auch darauf hin, dass die Untersuchung verschiedener Kombinationen von Genlisten sich in Bezug auf das Ergebnis nicht wesentlich unterscheidet.
Die Forscher konnten sogar nachweisen, dass zufällige Gene prognostisch sein können – also auch solche Gene, die in keinem Zusammenhang mit den charakteristischen Eigenschaften von Krebs zu stehen scheinen. Hier zeigten die Physiker mithilfe einer klassischen statistischen Analyse und eines neuen Ansatzes im maschinellen Lernen, dass solche Genlisten in einem genügend großen Kollektiv nahezu prognostisch sind und hohe Übereinstimmungen zwischen Prognose und dem tatsächlichen Krankheitsverlauf zeigen.
Im Widerspruch zu der gängigen Empfehlung im klinischen Alltag, nur einen Test durchzuführen, konnte anhand dieser Genlisten gezeigt werden, dass die Sicherheit bezüglich einer Chemotherapie-Empfehlung viel höher ist, wenn man mehr als einen Test durchführt. „Dass die Tests in einem Kollektiv sehr erfolgreich sind und an der einzelnen Patientin eher weniger erfolgreich sind, scheint zunächst ein Widerspruch zu sein, aber diese Tests basieren auf Genlisten und machen sozusagen Fehler an unterschiedlichen Stellen. Das könnte man ausnutzen, indem man mehrere Tests kombiniert und somit die Wahrscheinlichkeit erhöht, die Patientinnen zu finden, die definitiv nicht von einer Chemotherapie profitieren“, sagt Prof. Josef Käs von der Universität Leipzig und Studienleiter.
Dimitrij Tschodu vom Peter-Debye-Institut für Physik und Erstautor der Studie ergänzt: „Mit den anhaltenden Debatten, ob die Genexpressionstests nützlich sind, ist das ein wichtiger Beitrag zum Entscheidungsprozess und hat großen Impact für den Umgang der Kliniker mit solchen Tools. Insbesondere für die einzelnen Patientinnen bedeuten diese Ergebnisse, dass man einen Genexpressionstest mit Umsicht einsetzen sollte.“
Einschränkend ist aus methodischer Sicht lediglich darauf hinzuweisen, dass hier keine im Handel verfügbaren Tests durchgeführt wurden, sondern die Analysen auf Genexpressionswerten basieren, die in öffentlichen Brustkrebs-Datenbanken erfasst sind.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Leipzig. Die Originalpublikation findet ihr hier und im Text.
Die Bildquelle: National Cancer Institute, unsplash