Bei einigen Mukoviszidose-Patienten verbessert eine neue Dreifachtherapie die Funktion des beeinträchtigten Ionenkanals. Sie bringt seine Aktivität – im Vergleich zum gesunden Kanal – von ursprünglich null auf etwa 50 Prozent.
„Die Dreifachtherapie stellt die Funktion des Ionenkanals, die bei den untersuchten Patienten vorher bei null bis zehn Prozent lag, auf circa 50 Prozent der Aktivität eines gesunden Kanals wieder her“, sagt Dr. Simon Gräber, Erstautor der Studie. „Dieses Ergebnis ist vor allem für die langfristige Prognose der Patienten wichtig.“ Denn von Patienten mit einer anderen Form der Mukoviszidose – deren Ionenkanal unbehandelt noch zu 50 Prozent arbeitet – ist bekannt, dass die Erkrankung damit auch auf lange Sicht mild verläuft.
Bei Mukoviszidose, auch cystische Fibrose (CF) genannt, ist das Gen für einen Ionenkanal an der Oberfläche von Zellen verändert. Über 2.000 unterschiedliche Mutationen im CFTR-Gen sind bekannt. Normalerweise transportiert der Kanal Chlorid-Ionen aus der Zelle raus. Bei Mukoviszidose kann er dies entweder gar nicht oder nur eingeschränkt, weshalb auch mehr Wasser in den Zellen verbleibt und die Zelloberflächen austrocknen. Dadurch bildet sich ein zäher Schleim, der die Atemwege der Lunge und die inneren Organe – wie den Darm – verklebt. Charakteristisch für die Erkrankung ist außerdem ein erhöhter Salzgehalt im Schweiß.
Kürzlich entwickelte small molecule CFTR-Modulatoren ermöglichen es, bestimmte Ursachen der Mukoviszidose zu behandeln. Dazu gehört auch die F508del-CFTR-Mutation, die bei gut 90 Prozent aller Patienten vorliegt. Diese Modulatoren aktivieren vorhandene Kanäle und unterstützen, dass der CFTR-Kanal richtig hergestellt wird. Vorausgegangene klinischen Studien zeigten bereits, wie gut sich die Dreierkombination der neuen Medikamente auf die Lungenfunktion und Lebensqualität der Patienten auswirkt. Der Nachweis, dass der Ionenkanal in den Atemwegen und im Darm tatsächlich wieder arbeitet und in welchem Umfang die Fehlfunktion korrigiert werden kann, fehlte bislang.
An der funktionellen Analyse der Dreifachtherapie beteiligten sich drei DZL-Zentren und das Mukoviszidose-Zentrum der Charité. Insgesamt untersuchten die Wissenschaftler 107 Mukoviszidose-Patienten. Bei 55 Studienteilnehmern war eine der beiden Kopien des Ionenkanal-Gens von der F508del-CFTR-Mutation betroffen, das andere Gen wies eine sogenannte Mutation mit Minimalfunktion auf. Alle anderen Studienteilnehmer trugen die F508del-CFTR-Mutation in beiden Kopien des Kanal-Gens.
Um zu beurteilen, wie gut der CFTR-Kanal funktioniert, bestimmten die Forscher die Salzkonzentration im Schweiß der Patienten. Sie verwendeten die nasale Potenzialdifferenz (NPD) und die Darmstrommessung (ICM). Damit untersuchten sie die Patienten einmal vor Therapiebeginn und acht bis 16 Wochen nachdem sie mit der Dreifachtherapie begonnen hatten.
Bei Patienten, die vorher noch keine CFTR-Modulatoren erhalten hatten, steigerte sich die Funktion des Kanals von null auf 50 Prozent. Ein Teil der Patienten nahm bereits zwei der Modulatoren ein, wodurch die Kanalfunktion schon auf ca. zehn bis zwanzig Prozent angehoben werden konnte. „Bei beiden Gruppen führte die Verbesserung der CFTR-Kanalfunktion zu einer deutlichen und für die Betroffenen spürbar verbesserten Lungenfunktion“, sagt Professor Marcus Mall, Leiter der Studie.
Allerdings konnten die Forscher nur einen schwachen Zusammenhang zwischen der gesteigerten Kanalfunktion und der kurzfristigen Verbesserung der klinischen Werte – wie der Lungenfunktion – sehen. Sie vermuten, dass es daran liegt, dass die Lungenfunktion von vielen weiteren Faktoren, zum Beispiel chronischen Veränderungen der Atemwege, abhängig ist. Außerdem erfassten sie diese Parameter nur für einen kurzen Zeitraum.
Deshalb seien Langzeitstudien unumgänglich, die ermitteln, ob das Ausmaß der Verbesserung der Ionenkanalfunktion den weiteren Krankheitsverlauf bei einzelnen Patienten vorhersagen lässt. Zehn Prozent der Mukoviszidose-Patienten kann mit den Modulatoren der Dreifachtherapie bisher nicht geholfen werden, da bei ihnen andere Mutationen vorliegen. Auch für diese kleine Gruppe forschen Gräber und seine Kollegen derzeit intensiv an neuen Behandlungen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Lungenforschung. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Julian Hochgesang, unsplash