Der klinische Nutzen von Hämoadsorption bei der chirurgischen Behandlung von Herzklappenentzündungen ist bislang unzureichend belegt. Die REMOVE-Studie zeigt jetzt: Das Verfahren bringt den Patienten kaum Vorteile.
Ein Forschungsteam des Universitätsklinikums Jena untersuchte in der kontrollierten multizentrischen REMOVE-Studie, ob die Reduktion von Entzündungsmarkern im Blut bei der chirurgischen Behandlung von bakteriellen Infektionen im Herzinneren einen Vorteil bringt. Die jetzt im Fachjournal Circulation vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass das Verfahren keinen Einfluss auf den klinischen Erfolg der Behandlung hat, obwohl die Konzentration der Zytokine deutlich gesenkt werden kann.
Die Endokarditis ist eine lebensbedrohliche Erkrankung. Sie kann entstehen, wenn Bakterien von einem entzündeten Zahn oder einem infizierten Venenzugang, in selteneren Fällen auch Pilze, mit dem Blut ins Herz gelangen und dort Entzündungen verursachen. In mehr als der Hälfte der Fälle bleibt nur die operative Entfernung der Entzündungsbereiche und die Rekonstruktion oder der Ersatz der infizierten Herzklappen. Wegen der hohen Ausschüttung von Entzündungsbotenstoffen erfasst die Infektion den gesamten Körper, so dass diese Herzoperation mit einem besonders großen Risiko verbunden ist.
Das intensivmedizinische Verfahren der Hämoadsorption bietet die Möglichkeit, durch einen Filterprozess außerhalb des Körpers ähnlich der Dialyse bestimmte Stoffe wie z.B. Entzündungsmarker aus dem Blut zu entfernen. Diese Methode wird bei generalisierten Entzündungen genutzt, um die Zytokinkonzentration im Blut zu verringern.
Ziel dabei ist es, die Immunreaktion des Körpers besser zu beherrschen, die Gewebe und Organe schädigt. Zum Einsatz kommt die Hämoadsorption auf den Intensivstationen bei der Behandlung von Sepsis, schweren COVID-19-Erkrankungen und auch bei Endokarditis.
„Allerdings ist der klinische Nutzen dieses plausibel klingenden Ansatzes nur unzureichend durch Studien geprüft“, betont der Intensivmediziner Prof. Michael Bauer, Sprecher des Zentrums für Sepsis und Infektionsforschung (CSCC) am Universitätsklinikum Jena.
Im Rahmen des Zentrums startete ein interdisziplinäres Studienteam vor acht Jahren die REMOVE-Studie, um den Nutzen der Hämoadsorption bei Endokarditis-Operationen zu testen. „Wir wollten überprüfen, ob der Einsatz des Verfahrens bei der chirurgischen Behandlung der Herzklappenentzündung die organschädigenden Folgen der generalisierten Entzündung und damit das Risiko des Eingriffs verringern kann“, erklärt Studienleiter Dr. Mahmoud Diab von der Jenaer Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie. Da bei diesen Operationen die Herz-Lungen-Maschine eingesetzt werden muss, stellt die extrakorporale Blutfilterung dabei kein zusätzliches invasives Verfahren dar.
Das Besondere an der REMOVE-Studie: Die multizentrische kontrollierte und randomisierte Studie bewertete erstmals nicht die Filterwirkung, sondern das klinische Ergebnis. Das Projektteam schloss an 14 herzchirurgischen Zentren in Deutschland insgesamt 282 Patienten ein, die wegen einer Endokarditis operiert werden mussten. Diese wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt – bei der einen kam während des Eingriffs der Adsorptionsfilter zu Einsatz, bei der Kontrollgruppe nicht.
In Zeitreihenmessungen wurde in beiden Studiengruppen bei jeweils 25 Patienten die Zytokinkonzentrationen im Blut erfasst. Das Hauptaugenmerk des Studienteams richtete sich jedoch darauf, ob und welchem Maße die generalisierte Entzündung nach der Operation die Funktion der Organe beeinträchtigte. Neben einer auf der abgestuften Funktionsbewertung von sechs Organsystemen beruhenden Einschätzung betrachtete die Studie auch die Sterblichkeit innerhalb eines Monats und wie lange Beatmung, medikamentöse Blutdruckunterstützung und Nierenersatztherapie notwendig waren.
Die Studie ergab für keine der betrachteten klinischen Zielgrößen einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Patientengruppen. Die Hämoadsorption brachte weder bezüglich der Schwere des Organversagens noch bezüglich der Sterblichkeit oder der notwendigen Unterstützungsverfahren einen Vorteil. Etwa ein Fünftel der Studienpatienten in beiden Gruppen verstarb innerhalb eines Monats.
Häufige Komplikationen wie ein Schock oder akutes Nierenversagen traten in beiden Gruppen in gleichem Maße auf. Erstautor Diab: „Obwohl die Messungen eine deutliche Reduktion der Zytokinkonzentration in der Hämoadsorptions-Gruppe belegen, ergab sich daraus nicht die erhoffte Verbesserung für die Patienten. Unsere Studie zeigt, dass die Hämoadsorption bei Endokarditisoperationen keine positive Auswirkung für die Funktion der Organe und damit für das Behandlungsergebnis hat.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Jena. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
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