Die Symptome von Long Covid fallen je nach Variante anders aus als bei der ursprünglichen Form von SARS-CoV-2. Was heißt das für die Diagnose?
Neue Forschungsergebnisse, die auf dem diesjährigen European Congress of Clinical Microbiology & Infectious Diseases (ECCMID) vorgestellt werden, deuten darauf hin, dass unterschiedliche Covid-Varianten zu unterschiedlichen Long Covid-Symptomen führen könnten.
Schätzungen zufolge leiden über die Hälfte der Covid-Infizierten an postakuten COVID-19-Symptomen – also Long Covid. Egal ob jung oder alt, gesund oder mit Vorerkrankungen, ob schwerer Verlauf mit Krankenhausaufenthalt, oder leichter Verlauf mit minimalen Symptomen – die Langzeitfolgen können jeden treffen. Obwohl die Wissenschaft mit Hochdruck arbeitet, ist Long Covid nach wie vor kaum erforscht.
In der nun veröffentlichten Studie führten die Forscher der Universität Florenz eine retrospektive Beobachtungsstudie an 428 Patienten (59 % männlich) durch. Die Patienten wurden zwischen Juni 2020 und Juni 2021 in der Post-Covid-Ambulanz des Careggi-Universitätskrankenhauses behandelt, als noch die ursprüngliche Form von SARS-CoV-2 und die Alpha-Variante in der Bevölkerung zirkulierten.
Die Patienten wurden mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert und 4 bis 12 Wochen vor der klinischen Visite im Ambulanzdienst entlassen. Durchschnittlich 53 Tage nach der Entlassung füllten die Patienten einen Fragebogen zu anhaltenden Symptomen aus. Darüber hinaus wurden Daten zur Anamnese, zum mikrobiologischen und klinischen Verlauf sowie zur Demografie der Patienten aus elektronischen Krankenakten gewonnen.
76 % der Patienten berichteten über mindestens ein anhaltendes Symptom. Die am häufigsten berichteten Symptome waren Dyspnoe (37 % der Patienten) und chronische Müdigkeit (36 %); gefolgt von Schlafstörungen (16 %), Sehstörungen (13 %) und brain fog („Gehirnnebel“; ebenfalls 13 %).
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Menschen mit schwererem Verlauf – also ein Verlauf, der immunsuppressive Medikamente wie Tocilizumab notwendig macht – sechsmal häufiger an Long Covid leiden. Patienten, die eine Sauerstoffversorgung benötigen, haben eine zu 40 % höhere Wahrscheinlichkeit anhaltende Symptome zu entwickeln. Frauen waren dabei doppelt so oft betroffen wie Männer. Besonders überraschend: Patienten mit Typ-2-Diabetes schienen jedoch ein geringeres Risiko für die Entwicklung von Long Covid-Symptomen zu haben. Allerdings sind weitere Studien nötig, um die Ergebnisse besser einordnen zu können.
Die Forscher verglichen nun die Symptome von Patienten, die sich zwischen März und Dezember 2020 infiziert hatten (als die ursprüngliche SARS-COV-2-Variante vorherrschend war), mit denen von Patienten, die sich zwischen Januar und April 2021 infiziert hatten (als die Alpha-Variante vorherrschend war). Dabei wurde eine wesentliche Veränderung im Muster der neurologischen und kognitiven/emotionalen Probleme festgestellt.
Sie fanden heraus, dass die Prävalenz von Myalgie, Schlaflosigkeit, brain fog und Angst/Depressionen deutlich zunahm, als die Alpha-Variante der dominierende Stamm war; Anosmie, Dysgeusie und Hörstörungen traten hingegen seltener auf.
„Viele der in dieser Studie berichteten Symptome wurden bereits gemessen. Aber es ist das erste Mal, dass sie mit verschiedenen COVID-19-Varianten in Verbindung gebracht wurden“, sagt Studienleiter Dr. Michele Spinicci. „Die lange Dauer und das breite Spektrum der Symptome erinnern uns daran, dass das Problem nicht verschwinden wird und wir mehr tun müssen, um die Patienten langfristig zu unterstützen und zu schützen. Künftige Forschungsarbeiten sollten sich auf die potenziellen Auswirkungen besorgniserregender Varianten und des Impfstatus auf die anhaltenden Symptome konzentrieren.“
Die Autoren räumen ein, dass es sich bei der Studie um eine Beobachtungsstudie handelt, die keinen Beweis für Ursache und Wirkung liefert. Ebenso konnten sie nicht sicher bestätigen, welche Variante des Virus die Infektion bei den verschiedenen Probanden verursacht hat. Auch dies könnte die Schlussfolgerungen einschränken.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der European Society of Clinical Microbiology & Infectious Diseases.
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