Die Überlebenschance bei Prostatakrebs ist bei frühzeitiger Diagnose gut. Doch auch Jahre nach Prostata-Entfernung können Metastasen auftauchen. Eine neue bildgebende Substanz erleichtert jetzt das Aufspüren.
Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebsart bei Männern in Deutschland. Pro Jahr werden rund 62.000 Neuerkrankungen diagnostiziert. Wie bei vielen bösartigen Tumoren ist auch der Prostatakrebs gut zu behandeln, wenn er früh entdeckt wird. Rund 90 Prozent der Patienten überleben dank Bestrahlung oder Entnahme der Prostata.
Doch auch nach der Prostata-Entfernung können Metastasen entstehen. „Das passiert etwa dann, wenn bei der Operation winzige Teile des Tumors im Gewebe verbleiben. Diese können dann noch viele Monate später dazu führen, dass sie metastasieren – obwohl der ursprüngliche Tumor längst nicht mehr vorhanden ist“, erklärt Prof. Samer Ezziddin, Direktor der Klinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes.
Seit einigen Jahren haben Mediziner eine zuverlässige Methode, diese Metastasen und Lokalrezidive aufzuspüren: eine PSMA-PET/CT-Aufnahme. Ausgangspunkt ist der Nachweis des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blut der Patienten, nachdem die Prostata bereits entnommen ist. Dieses prostataspezifische Molekül kann nur nachgewiesen werden, wenn eine Prostata oder ein Prostatatumor vorhanden ist. Wurde die Prostata also bereits entnommen und im Blut ist dennoch PSA messbar, kann dies darauf hindeuten, dass der bereits vor längerer Zeit entnommene Primärtumor Metastasen oder lokale Absiedlungen gebildet hat.
Die Position der Metastasen bleibt aber unklar. Sie können sich beim Prostatakarzinom auch andernorts bilden – etwa in den Knochen, Lymphknoten oder der Leber. Bei der PSMA PET-CT wird das PSMA (= prostataspezifisches Membran-Antigen), ein Eiweißmolekül an der Oberfläche der Prostatatumorzellen, sichtbar gemacht und damit die Metastasen aufgespürt. „Aber auch andere, ungefährliche Strukturen im Körper können PSMA-bildend sein“, erklärt Ezziddin. So kann es nach einem Knochenbruch dazu kommen, dass durch die verstärkte Bildung von Blutgefäßen rund um das betroffene Gewebe zur Bildung von PSMA kommt. Ebenso können beispielsweise kleine und völlig ungefährliche Blutschwämmchen PSMA exprimieren.
„Seit etwa 2015 können wir mithilfe eines PSMA-PET/CTs sehen, wo sich Metastasen oder auch ein Lokalrezidiv gebildet haben“, erklärt Ezziddin. „Dafür wird ein Radiopharmakon in die Venen injiziert. Dabei handelt es sich um eine schwach radioaktive Substanz, die an den PSMA-Molekülen andocken kann. Deren Verteilung sehen wir nach einer gewissen Zeit im PET-CT, so dass wir erkennen können, wo ein Tumor, beziehungsweise seine Metastasen, sitzen.“
Seitdem sind kurzlebige Radiopharmaka die Mittel der Wahl. Rund eine Stunde nach der Injektion sieht man recht genau, wo sich das strahlende Radiopharmakon im Körper ansammelt – und wo entsprechend ein Tumor sitzen könnte. Auf dem PET-CT-Bild ist bösartiges Tumorgewebe nicht von harmlosen Strukturen zu unterscheiden. „In 50 Prozent der Fälle sehen wir gar keine Auffälligkeiten im herkömmlichen PSMA-PET/CT“, führt der Nuklearmediziner weiter aus.
Die Forscher haben daher nun ein Radiopharmakon getestet, das eine deutlich längere Halbwertszeit hat, da es das Isotop Zirkonium-89 enthält. Dieses ist sogar nach mehreren Tagen noch nicht vollständig zerfallen. „Die Ergebnisse waren überwältigend. Wir haben 20 Patienten damit untersucht, deren konventionelle PSMA PET/CTs alle negativ waren. Mit dem Zirkonium-89 markierten Radiopharmakon haben wir in unserer kleinen Stichprobe tatsächlich bei allen Patienten Tumoren und Metastasen im Anfangsstadium erkennen können.“
Die Patienten konnten nun in einem sehr viel früheren Stadium mit einer Strahlentherapie behandelt werden. Wäre der Befund nach der herkömmlichen Methode negativ gewesen, wären Rezidive und Metastasen mitunter erst sehr viel später diagnostiziert worden. „Damit hätte sich natürlich auch die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten verschlechtert“, erklärt Ezziddin.
Er ergänzt: „Durch die lange Halbwertszeit können wir aber nicht nur die bisher negativen Patienten untersuchen. Auch bei unklaren Stellen ist diese Methode wirksam. Gutartige Geschwülste oder Blutschwämmchen sind nach einigen Tagen – im Gegensatz zu dem bösartigen Tumorgewebe – nicht mehr auf den PET/CT-Aufnahmen zu sehen.“ Der Grund liegt in einer etwas abweichenden Struktur der PSMA-Moleküle. Das Radiopharmakon bindet dann nicht mehr an diesen Stellen, so dass nach mehreren Tagen nur noch das tatsächliche Tumorgewebe zu sehen ist.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universität des Saarlandes. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Kilian Karger, unsplash