Selbstisolation, Gesichtsmasken und Abstand – ab jetzt auch Schutz gegen therapiebedingte Infektionen im Krankenhaus?
Die Lockdown-Maßnahmen während der ersten Monate der COVID-19-Pandemie haben zu einer deutlichen Verringerung von akuten Infektionen bei Hodgkin-Patienten während der Chemotherapie geführt. Dies zeigt eine Auswertung der Therapiestudie HD21 der Deutschen Hodgkin Studiengruppe (GHSG) an der Uniklinik Köln.
In der GHSG HD21-Studie erhielten neu diagnostizierte Patienten mit einem fortgeschrittenen Hodgkin Lymphom als Standardbehandlung eine Chemotherapie mit dem Therapieregime eBEACOPP (dosiseskaliertes Bleomycin, Etoposid, Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincristin, Procarbazin und Prednison). Diese wirksame und intensive Therapie ist allerdings mit einem erhöhten Infektionsrisiko für Virus- und Pilzinfektionen verbunden – was für die Jahre 2017 bis 2019 auch entsprechend dokumentiert wurde.
Mit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Maßnahmen des Social Distancing, dem Tragen von Gesichtsmasken und eines Lockdowns stellte sich die Frage, ob diese Interventionen auch Einfluss auf das Auftreten therapiebedingter Infektionen bei Studienpatienten haben.
Für den Zeitraum 07/2016 bis 08/2020 wurden 911 Chemotherapie-Zyklen von insgesamt 313 erwachsenen Hodgkin-Patienten ausgewertet, die mit 4 bis 6 Zyklen eBEACOPP behandelt worden waren. Im Ergebnis zeigte sich durch den Lockdown (03/2020–06/2020) ein signifikanter Rückgang auftretender Infektionen begleitend zur Chemotherapie. Während im Zeitraum 2017–2019 bei 131 (19,6 %) von insgesamt 670 Zyklen eine Infektion auftrat, war dies während des Lockdowns nur bei 30 (12,6 %) von 239 Zyklen der Fall [OR 0,574 (95 % CI 0,354–0,930), P = 0,024]. Der stärkste Effekt zeigte sich bei den nicht näher spezifizierten Infektionen. Hier standen 39 Zyklen (5,8 %) mit Infektionen (Zeitraum 2017–2019) nur 5 Zyklen (2,1 %) mit Infektionen (Lockdown) gegenüber.
Schaut man sich die Anzahl der behandelten Patienten an, so ergab die Analyse, dass in den Jahren 2017–2019 insgesamt 99 (43,2 %) von 229 Patienten an einer Infektion erkrankten, während im Lockdown nur bei 20 (24,1 %) von 83 Patienten eine Infektion auftrat (P = 0,0023).
Die Autoren schlussfolgern, dass der signifikante Rückgang der Infektionen im Rahmen des Lockdowns das Potenzial möglicher Schutzmaßnahmen wie soziale Distanz und das Tragen von Gesichtsmasken zeigt. „Patient:innen, die sich während der intensiven Chemotherapie vor Infektionen schützen wollen, haben jetzt zum ersten Mal Daten, die belegen, dass dies durch einfache Maßnahmen möglich ist – Erkrankte können damit eine eigene, informierte Entscheidung treffen“, fasst Prof. Peter Borchmann von der Uniklinik Köln die Bedeutung dieser Ergebnisse zusammen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des idw - Informationsdienst Wissenschaft. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Lucas Santos, Unsplash