Je älter wir werden, desto langsamer reagieren wir auf externe Reize – so eine gängige Annahme. Aber geht es mental mit dem Alter wirklich nur bergab?
Die mentale Verarbeitungsgeschwindigkeit verändert sich über Jahrzehnte hinweg nicht wesentlich. Sie bleibt zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr weitgehend stabil und nimmt erst im höheren Lebensalter ab. Zu diesem Schluss kommen Psychologen der Universität Heidelberg in ihrer neuen Studie.
„Die gängige Annahme lautet: Je älter wir werden, desto langsamer reagieren wir auf externe Reize. Danach wäre die mentale Verarbeitungsgeschwindigkeit mit etwa zwanzig Jahren am schnellsten und sinke dann mit zunehmendem Alter“, sagt Dr. von Krause vom Psychologischen Institut der Universität Heidelberg.
Um diese These zu überprüfen, werteten die Wissenschaftler Daten aus einer groß angelegten amerikanischen Studie neu aus. In dem Online-Experiment mit über einer Million Teilnehmern mussten die Probanden durch Drücken einer Taste Bilder den Kategorien „weiße“ oder „schwarze“ Personen sowie Wörter den Kategorien „gut“ oder „schlecht“ zuordnen. Laut von Krause spielte der inhaltliche Fokus bei der Heidelberger Studie jedoch keine Rolle. Vielmehr nutzten die Forscher den großen Datensatz als Beispiel für eine Reaktionszeitaufgabe, bei der die Dauer kognitiver Entscheidungen gemessen wurde.
Bei der Auswertung der Daten stellte das Team fest, dass die Reaktionszeiten der Probanden mit zunehmendem Alter durchschnittlich stiegen. Sie konnten jedoch belegen, dass dieses Phänomen nicht auf Veränderungen der mentalen Verarbeitungsgeschwindigkeit zurückzuführen ist. „Vielmehr sind ältere Probanden aus unserer Sicht vor allem deshalb langsamer, weil sie vorsichtiger antworten und sich mehr auf die Vermeidung von Fehlern konzentrieren“, erklärt von Krause.
Gleichzeitig sinkt über den Verlauf des Erwachsenenlebens die motorische Reaktionsgeschwindigkeit: Ältere Teilnehmer des Experiments brauchten länger, um die passende Taste zu drücken, nachdem sie die richtige Antwort gefunden hatten.
Erst bei Teilnehmern mit einem Alter von über 60 Jahren zeigte sich, dass auch die durchschnittliche Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung fortschreitend abnahm. „Es sieht so aus, als ob wir im Laufe unseres Lebens zunächst keine wesentlichen Einbußen bei der mentalen Verarbeitungsgeschwindigkeit befürchten müssen – insbesondere nicht im Verlauf eines typischen Berufslebens“, so von Krause.
„Generell ist auch festzuhalten, dass es unter den Probanden in allen Altersgruppen Menschen mit hoher und niedriger mentaler Verarbeitungsgeschwindigkeit gab. Unsere Ergebnisse beziehen sich auf die durchschnittliche Ausprägung.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Heidelberg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Krzysztof Niewolny, unsplash