In Köln gingen vergangenen Mittwoch hunderte Medizinstudenten auf die Straße, um zu protestieren. Finanzielle Änderungen im praktischen Jahr sorgen für großen Unmut und Unverständnis. Wir sprachen mit dem Vorsitzenden der Fachschaft Medizin der Uni Köln.
Die finanzielle Aufwandsentschädigung für Medizinstudenten im PJ erhitzte in den vergangenen Jahren immer wieder die Gemüter. So stellte 2013 beispielsweise eine großangelegte Umfrage des Hartmannbundes diesbezüglich enormen Nachholbedarf fest und prangerte zahlreiche schwarze Schafe an. Die bvmd forderte einheitliche Standards und riet dazu, nicht von einer Vergütung zu sprechen, sondern den Begriff der Aufwandsentschädigung zu verwenden. Nun folgte in Köln ein weiteres Kapitel in der Diskussion um die finanziellen Aspekte des praktischen Jahres. Jan Werner, Vorsitzender der Fachschaft Medizin der Uni Köln, stand uns dazu Rede und Antwort. DocCheck: Was genau war der Auslöser der letztwöchigen Demo? Jan Werner: Auslöser der Demonstration war die Reduktion der Aufwandsentschädigung im PJ an akademischen Lehrkrankenhäusern in Köln; zuvor hatten städtische Kliniken den Höchstsatz gezahlt und nun müssen wohl alle soviel zahlen wie die Uniklinik – 300 Euro. Da wir uns schon seit mehreren Monaten aktiv darum bemühen, die Aufwandsentschädigung an allen Kölner Kliniken auf den einheitlichen Höchstsatz von 597 Euro zu bringen, war diese aktuelle Entwicklung natürlich ein Rückschlag, den wir nicht einfach so hinnehmen konnten. Doch uns geht es nicht in erster Linie ums Geld. Wir wollen die Gesamtsituation der PJ-Studierenden in Köln verbessern. Da steht natürlich die Lehre an erster Stelle. Es geht unter anderem darum, dass Studierende während des PJ nicht zu Tätigkeiten heran gezogen werden sollten, die ihre Ausbildung nicht fördern, sowie um die Möglichkeit des Selbststudiums in Form eines Studientages. Außerdem wünschen wir uns regelmäßige und qualitativ hochwertige Fortbildungen für die PJler. Betrachtet man große Umfragen zur Zufriedenheit im PJ wie zum Beispiel pj-ranking.de, dann schneidet Köln nicht gerade gut ab. Da wünschen wir uns mehr von unserer Exzellenz-Universität. © Jan Werner DocCheck: Von welchen Personen/Gremien wurde die Demo anberaumt? Jan Werner: Die Demonstration wurde von der Fachschaft Humanmedizin im Konsens mit der Studierendenschaft initiiert. DocCheck: Wie viele Teilnehmer haben an der Demo teilgenommen und mit welchen Aktionen habt Ihr konkret gegen die geplanten Maßnahmen protestiert? Jan Werner: Zwischen 400 und 500 Studierende haben teilgenommen und vor und in der Uniklinik mit Schildern auf sich aufmerksam gemacht. DocCheck: Welche positiven Auswirkungen habt Ihr Euch von der Organisation einer solchen Demo konkret erwartet? Jan Werner: In erster Linie wollten wir die Verantwortlichen aus Uniklinik und akademischen Lehrkrankenhäusern erreichen, um zu zeigen, dass wir die aktuelle Situation so nicht hinnehmen und dass eine breite Masse von Studierenden hinter unseren Forderungen steht. Zusätzlich wollten wir über die Demo in der Eingangshalle der Uniklinik aber auch eine breitere Öffentlichkeit, inklusive “Nicht-Medizinern” über die Situation der PJ-Studierenden informieren und aufmerksam machen. Außerdem erhoffen wir uns natürlich, alle an der Lehre im PJ Beteiligten zu erreichen, um auf unsere Wünsche hinsichtlich der Qualität der Lehre und Wertschätzung im PJ, einem der wichtigsten Teile in unserer Ausbildung zum Arzt, hinzuweisen. [...] Aber wir wollten ebenfalls die Verantwortlichen in den Krankenhäusern sowie die Öffentlichkeit erreichen, um über die jetzige Situation zu informieren und unsere Forderungen zu erläutern und zu transportieren. DocCheck: Wie rechtfertigen die städtischen Kliniken die drastischen Kürzungen bei den PJ-Aufwandsentschädigungen? Jan Werner: Der Personalabteilung der Städtischen Kliniken zufolge wurde von der Uniklinik aus eine Reduktion und Gleichschaltung aller PJ-Kliniken auf einheitliche 300 Euro vorgeschrieben. DocCheck: Gibt es von offizieller Seite schon konkretes Feedback zu Eurer Demo? Jan Werner: Auf der Sitzung des Fachbereiches der Medizinischen Fakultät wurde über die Lehre im Praktischen Jahr gesprochen. Ein offizielles Feedback gibt es allerdings nicht. DocCheck: Gibt es auch andere Standorte, die in den letzten Monaten ähnlich schwerwiegende finanzielle Einschnitte bei der PJ-Aufwandsentschädigung hinzunehmen hatten? Und wie haben diese auf die Kürzungen reagiert? Jan Werner: Uns sind keine weiteren Standorte bekannt, bei denen in den vergangenen Monaten derart gehandelt wurde. Die aktuelle monatliche Aufwandsentschädigung der PJ-Studierenden der Universität zu Köln entspricht umgerechnet einem Studenlohn von 1,85 Euro. Studierende in Düsseldorf werden doppelt so hoch entschädigt. Ist es fair, dass Studierende in München oder an der Charité gar keine Entschädigung bekommen? Haben es die einen mehr verdient als die anderen? Ich denke nicht! Ist es unfair, eine Aufwandsentschädigung zu fordern, wo doch PJ-Studierende vor ein paar Jahren maximal ein halbes Brötchen bekommen haben? Ich denke nicht. Historische Strukturen sollten nicht bestehen bleiben, weil es „schon immer so war“. DocCheck: Habt Ihr auch Unterstützung von Studierenden anderer Medizin-Standorte erhalten? Jan Werner: Diese Demonstration war der Anfang und wir versuchen in der Folge, unsere Nachbarn in Nordrhein-Westfalen zu weiteren Aktionen zu motivieren und für die Lehre im PJ aufzustehen. DocCheck: Sind konkret weitere Aktionen geplant? Jan Werner: Wir warten jetzt natürlich erst einmal weitere Reaktionen ab, sind aber durchaus zu weiteren Aktionen für unsere Lehre und unser Praktisches Jahr motiviert. Auf einem Treffen aller Fachschaften Medizin aus NRW haben wir eine Petition erstellt. Die Petition ist an die Landesregierung adressiert und schildert die Situation der Studierenden und den Wunsch nach einer einheitlichen Regelung im Praktischen Jahr in NRW mit dem Satz von 597 Euro. Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit den meisten Medizinischen Fakultäten; wir hoffen eine bundesweite Vorreiterrolle für andere Bundeländer zu sein. Hier geht’s zur Petition. Gruppenbild der Demonstranten. © Jan Werner DocCheck: Die PJ-Aufwandsentschädigung ist auch an anderen Standorten auf sehr niedrigem Niveau. Sind auch auf überregionaler Ebene weitere, ähnlich gelagerte Proteste geplant? Jan Werner: Bereits 2013 hat die Bundesvereinigung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) ein Positionspapier veröffentlicht, in dem ebenfalls der Höchstsatz von 597 Euro gefordert wird. Ähnliche Forderungen kommen vom Deutschen Ärztetag, Marburger Bund, Hartmannbund und anderen Stellen. Ob aber konkret an anderen Unis ähnliche Aktionen wie bei uns statt gefunden haben, ist mir momentan nicht bekannt. Wir freuen uns natürlich über jede Unterstützung. DocCheck: Welche Aufwandsentschädigung wäre, Deiner persönlichen Meinung nach, in Anbetracht der zu erbringenden Tätigkeiten und des Workloads gerechtfertigt? Jan Werner: Meine Meinung möchte ich hier einmal zurückstellen und auf die Forderung des Deutschen Ärztetages, Marburger Bundes, Hartmannbundes, der bvmd und vieler anderer verweisen. Alle fordern den gesetzlichen Höchstsatz als bundesweit einheitliche Aufwandsentschädigung. Meiner Meinung nach ist das vollkommen gerechtfertigt.