COVID-19 und immunsupprimierte Patienten – eine gefährliche Mischung. Jetzt soll eine neue Antikörper-Kombi Abhilfe schaffen.
Immer noch sind immunsupprimierte Patienten sowie Patienten mit Blut- und Krebserkrankungen Hochrisikopatienten für einen schweren bis tödlichen Covid-Verlauf. Eine Präexpositionsprophylaxe kann – im Zusammenspiel mit den bisherigen Maßnahmen wie Einhaltung der Abstandsregeln und der Impfung – eine wertvolle zusätzliche Schutzmaßnahme darstellen. Jetzt gibt es eine offizielle Stellungnahme der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften zur Verwendung der neuen Antikörperkombination Tixagevimab/Cilgavimab.
Diese Antikörperkombination wurde nun für immunsupprimierte Patienten zur COVID-19-PrEP zugelassen. Nach Einschätzung der Fachgesellschaften ist sie aktuell die einzige ausreichend wirksame Antikörperkomibination gegen den vorherrschenden Omikron-Subtyp BA.2. „Die vorbeugende Gabe rekombinanter, neutralisierender, monoklonaler Antikörper gegen SARS-CoV-2 kann das Risiko für einen schweren Verlauf bei vulnerablen Personen deutlich reduzieren“, betont Prof. Bernhard Wörmann, Medizinischer Leiter der DGHO und Vorsitzender der AWMF-Kommission „Nutzenbewertung von Arzneimitteln“.
Die durchgeführte Studie lässt den Schluss zu, dass eine Dosierung von 300 mg angemessen ist. Die aus dem Serum von Covid-Genesenen identifizierten Antikörper Tixagevimab/Cilgavimab binden an zwei nicht überlappende Regionen des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 und haben eine längere Halbwertszeit – und dadurch eine mögliche Wirksamkeit von bis zu 6 Monaten.
Aktuell gibt es zwar noch keine klinischen Studien zur Wirksamkeit der Antikörperkombination gegen die Omikron-Variante, aber in vitro-Studien und serologischen Analysen deuten auf eine erhöhte Wirksamkeit der Tixagevimab/Cilgavimab-Kombination hin – verglichen mit den bisher zugelassenen Antikörpern Casirivimab/Imdevimab oder Sotrovimab.
In einer Studie an 29 immunsupprimierten Patienten mit unterschiedlichen Grundkrankheiten konnten nach Gabe von Cilgavimab/Tixagevimab bei 19 Patienten neutralisierende Antikörper sowohl gegen BA.1, als auch gegen BA.2 nachgewiesen werden.
In einer zweiten, größeren Studie wurde die Wirksamkeit bei 416 nierentransplantierten Patienten untersucht. Trotz der Präexpositionsprophylaxe mit Cilgavimab/Tixagevimab erkrankten 39 (9,4%) der behandelten Patienten an COVID-19; 14 Patienten (35,4%) wurden hospitalisiert, 2 verstarben. Bei serologischen Untersuchungen wurden nur geringe Antikörper-Titer festgestellt, weshalb auch eine höhere Dosierung (von 600 mg) für den BA.1 Subtypen in Betracht gezogen werden könnte. Dies könnte den Schutz verstärken und wird bereits von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) bei hohem Risiko für eine BA.1-Infektion empfohlen. Die Empfehlungen für eine höhere Dosierung beziehen sich allerdings nicht auf den Omikron-Subtyp BA.2 – hier würde die ursprüngliche Dosierung ausreichen.
Bisher war der Antikörper-Nachweis der entscheidende Parameter des Impfansprechens. Bei Immunsupprimierten muss allerdings genauer hingesehen werden: Es gibt keinen festen prädiktiven Grenzwert für Auffrischungsimpfungen oder PrEPs. Möglicherweise sind für den Schutz vor Omikron höhere Grenzwerte nötig, als bisher angenommen – besonders bei vulnerablen Gruppen. Um zu entscheiden, ob ein Patient also eine PrEP erhalten sollte oder nicht, ist demnach die Bestimmung und Bewertung des Titers im Hinblick auf die individuelle Vorgeschichte des Patienten ausschlaggebend.
Für Kinder gilt aufgrund der fehlenden Studiendaten eine Zulassung ab 12 Jahren und einem Körpergewicht über 40 kg.
Die Fachgesellschaften weisen allerdings auch noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass die medikamentöse Prophylaxe keinen Ersatz für andere Schutzmaßnahmen wie die aktive Impfung darstellt, sondern lediglich eine Ergänzung. „Daher raten wir den betroffenen Personen dringend dazu, nicht-pharmakologische Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Mund-Nasen-Masken, Händedesinfektion und Abstandhalten weiter zu beachten“, so Prof. Rolf-Detlef Treede, Präsident der AWMF.
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