Rauchen, zu wenig Bewegung, Schlafprobleme: Das sind die drei größten Risikofaktoren für rezidivierende Herzereignisse. Wie sich Schlaf auf die Herzgesundheit auswirkt, zeigt jetzt eine Studie.
Fast die Hälfte der Patienten mit Herzkrankheiten leidet unter Schlaflosigkeit. Das geht aus Forschungsergebnissen hervor, die auf dem ESC (Europäischen Gesellschaft für Kardiologie) Preventive Cardiology 2022 vorgestellt und in der Zeitschrift Sleep Advances veröffentlicht wurden. „Schlafprobleme werden häufig mit psychischen Problemen in Verbindung gebracht. Unsere Studie ergab jedoch, dass Schlaflosigkeit auch nach Berücksichtigung von Angst- und Depressionssymptomen noch immer signifikant mit kardialen Ereignissen assoziiert ist“, erklärt Lars Frojd, Hauptautor der Studie und Medizinstudent an der Universität Oslo, Norwegen. „Die Ergebnisse legen nahe, dass Herzpatienten auf Schlaflosigkeit untersucht und entsprechend behandelt werden sollten“.
An der prospektiven Studie nahmen 1.068 Patienten teil, die im Durchschnitt 16 Monate nach einem Herzinfarkt und/oder einem Eingriff zur Öffnung blockierter Arterien (Stentimplantation oder Bypass-Operation) behandelt wurden. Zu Beginn der Studie wurden Daten über Schlaflosigkeit, Risikofaktoren für erneute Herzinfarkte und Begleiterkrankungen erhoben. Die Teilnehmer füllten den Fragebogen der Bergen Insomnia Scale aus, der auf den diagnostischen Kriterien für Schlaflosigkeit beruht. Zu den Risikofaktoren gehörten das C-reaktive Protein, der Raucherstatus, das Low-Density-Lipoprotein (LDL)-Cholesterin, Diabetes, körperliche Aktivität, der Taillenumfang und der systolische Blutdruck. Die Begleiterkrankungen waren Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke, periphere Arterienerkrankung und Nierenversagen.
Die Patienten wurden hinsichtlich des primären zusammengesetzten Endpunkts der schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignisse (MACE) beobachtet, die als kardiovaskulärer Tod, Krankenhausaufenthalt aufgrund eines Myokardinfarkts, Revaskularisierung, Schlaganfall oder Herzinsuffizienz definiert waren. Die Ergebnisdaten wurden den Krankenhausunterlagen entnommen. Bei Studienbeginn lag das Durchschnittsalter der Patienten bei 62 Jahren, 21 % der Teilnehmer waren weiblich, fast die Hälfte (45 %) litt unter Schlaflosigkeit und 24 % hatten in der letzten Woche Schlafmittel eingenommen. Während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 4,2 Jahren traten bei 225 Patienten insgesamt 364 MACE auf.
Im Vergleich zu den Patienten ohne Schlaflosigkeit betrug das relative Risiko für ein erneutes Auftreten von MACE bei Patienten mit Schlaflosigkeit 1,62 nach Anpassung für Alter und Geschlecht, 1,49 nach zusätzlicher Anpassung für koronare Risikofaktoren und 1,48 nach zusätzlicher Anpassung für Begleiterkrankungen. Der Zusammenhang zwischen Schlaflosigkeit und rezidivierender MACE blieb mit einem relativen Risiko von 1,41 auch dann signifikant, wenn auch Symptome von Angst und Depression berücksichtigt wurden. In der Analyse des zurechenbaren Risikos war Schlaflosigkeit für 16 % der rezidivierenden MACE verantwortlich und lag damit an dritter Stelle nach Rauchen (27 %) und geringer körperlicher Aktivität (21 %). Frojd dazu: „Das bedeutet, dass 16 % der wiederkehrenden schweren kardiovaskulären Ereignisse hätten vermieden werden können, wenn keiner der Teilnehmer an Schlaflosigkeit gelitten hätte.“
Er schloss: „Unsere Studie deutet darauf hin, dass Schlaflosigkeit bei Patienten mit Herzkrankheiten häufig vorkommt und mit späteren kardiovaskulären Problemen in Zusammenhang steht – und zwar unabhängig von Risikofaktoren, Begleiterkrankungen und Symptomen der psychischen Gesundheit. Weitere Forschung ist erforderlich, um zu untersuchen, ob Schlaflosigkeitsbehandlungen, wie kognitive Verhaltenstherapie und digitale Anwendungen, bei dieser Patientengruppe wirksam sind.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der European Society of Cardiology. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Isai Ramos, unsplash