Der ärztliche Pandemierat möchte das Testen auf Corona wieder in professionellen Händen wissen – was für die Halbgötter in Weiß offenbar nur die eigenen sind. Ein Rant aus PTA-Perspektive.
Dass sich viele Ärzte für etwas Besseres als Apotheker halten, ist landläufig bekannt. Dass es den Apotheken geneidet wird, dass wir inzwischen so einiges durchführen dürfen, was ursprünglich rein ärztliches Terrain war, ebenfalls.
Daher kommt es eigentlich nicht wirklich überraschend, dass der Pandemierat der Bundesärztekammer fordert, der Ärzteschaft die Hoheit über die Corona-Tests nach Ablauf der derzeitigen Testverordnung im Juni 2022 zurückzugeben. Der Arztvorbehalt war den Halbgöttern in Weiß durch das dritte Bevölkerungsschutzgesetz im November 2020 verlorengegangen. Der Verkauf der Tests an Laien blieb damals noch verboten und wurde erst nach einer Änderung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung im Februar 2021 erlaubt.
Daran möchte der Pandemierat auch übrigens gar nichts ändern. Nur wenn diese Tests positiv ausfallen, dann sollen die Patienten bitte zum Hausarzt gehen, um sich das bestätigen zu lassen. Das passt für mich irgendwie nicht ganz zusammen. Einerseits wird gefordert, dass die Corona-Tests „nur von medizinischem Fachpersonal unter strikter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zur Qualitätssicherung durchgeführt werden“, andererseits sind die Apotheken für ebendiese Durchführung offenbar schlechter geeignet als die Laien selbst.
Jetzt mal für ganz Begriffsstutzige wie mich ein Fallbeispiel: Es ist Freitagnachmittag und Oma Gretchen verspürt leichtes Halskratzen. Sie ruft also ihren Hausarzt an, denn mit den Selbsttests aus dem Supermarkt ist sie sich immer unsicher. Wie viele Tropfen müssen da genau wohin getropft werden? Und wie lange muss das Stäbchen wie tief in die Nase rein? Der Hausarzt hat aber schon geschlossen. Und kommenden Montag hat er außerdem noch Fortbildung, wie sie über den Anrufbeantworter erfährt.
„Naja … wird schon nichts sein“, denkt sie sich und macht sich auf den Weg zum Seniorennachmittag. Heute fahren ja schließlich alle mal wieder mit dem Bus zum Zoo. Das Leben muss ja schließlich weitergehen, nicht wahr?
Der Ausflug hat allen gut gefallen und Nadja, die Haushaltshilfe von Opa Otto, war auch mit dabei. So eine nette Person! Als Nadja am Dienstag Kopfschmerzen hat, überlegt sie schnell, ob sie sich einmal testen lassen sollte. Selbsttests hat sie gerade nicht zur Hand und den Wocheneinkauf erledigt sie erst am Donnerstag – wegen der Angebote. Sie ruft also bei ihrem Hausarzt an. Die MFA ist genervt. „Wissen Sie eigentlich, wie viele Leute hier zum Testen sitzen? Da können Sie nicht einfach vorbeikommen, das dauert sicher eine gute Stunde, bis Sie dran sind. Wir haben hier auch andere Patienten! Donnerstagvormittag hätten wir noch Termine. Nein, am Mittwochmorgen testen wir nicht und nachmittags haben wir geschlossen.“
Während Oma Gretchen positiv getestet wird, ist Nadja bereits auf dem Weg zu Tante Anna und Opa Gregor, die von ihr die Fenster geputzt und die Gardinen gewaschen bekommen. Können ja nicht mehr so, auf ihre alten Tage. Nadja nimmt eine Ibu, die sie sich auf dem Weg in der Apotheke gekauft hat. Wird schon nur der Wetterwechsel gewesen sein.
Klingt das alles so unwahrscheinlich? Ich finde nicht, denn nicht jeder lebt in einer Großstadt, wo man in jeder zweiten Straße einen testenden Arzt auf Abruf findet. Viele leben auf dem Land, wo die Ärzte ohnehin starken Belastungen ausgesetzt sind und gar nicht die Kapazitäten haben, um auch noch als Testzentrum zu fungieren.
Ich weiß, wie viele Ärzte heilfroh darüber waren, dass wir ihnen die Testerei abgenommen haben! Und daher weiß ich auch, dass der Pandemierat der Bundesärztekammer mit Sicherheit nicht für alle Niedergelassenen spricht. Er setzt sich zusammen aus Vertretern wissenschaftlich-medizinischer Fachgesellschaften und des öffentlichen Gesundheitsdienstes – vielleicht sollten diese Vertreter mal wieder bei der Basis anklopfen.
Zudem empfinde ich es als zutiefst empörend, dass den Apotheken Unprofessionalität unterstellt wird. Ich habe im Gegenteil zunehmend den Eindruck gewonnen, dass es auch den Arztpraxen gut zu Gesicht stünde, wenn sich ihre MFAs beim Abstrichtest wenigstens mit einer FFP2 schützen würden (wir tragen übrigens FFP3). Auch Schutzkleidung oder eine Schutzbrille und Handschuhe fände ich angebracht – just my 2 Cents.
Klar, dass die ganzen Testbuden geschlossen werden sollten, in denen nicht gut getestet wird, aber das hat ja nichts mit den professionell durchgeführten Tests in den Apotheken zu tun. Ich denke, mit unseren niederschwellig zugänglichen Testangeboten haben wir wirklich viel erreicht und so einige Menschen rechtzeitig positiv getestet, bevor sie in Kontakt mit anderen kamen. Es ist traurig, dass schon wieder die beiden Berufsgruppen gegeneinander ausgespielt werden, die sich eigentlich ergänzen sollten – der Volksgesundheit zuliebe. Und niemals erschien das nötiger als während dieser Pandemie!
Bildquelle: JC Gellidon