In den letzten Wochen häuften sich die Meldungen zu Hepatitis-Fällen bei Kindern. Welche Auslöser in Frage kommen und welche Infos wir Eltern mitgeben können.
Die ersten Fälle wurden aus dem Vereinigten Königreich gemeldet – bereits vor zehn Tagen berichtete der Guardian von einer ungeklärten Häufung von Leberentzündungen im Kindesalter.
Es begann mit einer Serie von Infektionen in Schottland am 5. April. Reflexartig wurde das Corona-Virus damit in Verbindung gebracht, journalistisch verständlich, epidemiologisch aber nicht nachvollziehbar. Bei den derzeitig hohen Fallzahlen von COVID-19 unter Kindern sind viel mehr Fälle zu erwarten.
Andere Länder zogen nach, möglicherweise auch durch die Zunahme der Berichterstattung darüber in den britischen Medien. Österreich berichtet von zwei Kindern, die in Wien behandelt werden; Krankheitsfälle aus zwölf anderen Ländern, darunter Spanien (13 Fälle), Irland (bis zu 5 Fälle), Norwegen und Rumänien, aber auch den USA runden das Bild ab. Die WHO spricht derzeit von 169 bekannt gewordenen Fällen.
Durch die vermehrten Informationen, die an Ärzte gegeben werden, rechnet man in Zukunft mit der Meldung von mehr Fällen. In Großbritannien mussten bereits Lebertransplantationen vorgenommen werden, hier wurden mit 110 Kindern die meisten Fälle gemeldet. Ein Kind sei bereits verstorben, die WHO teilte jedoch das Heimatland nicht mit.
Eine Hepatitis kann theoretisch von allen Viren ausgelöst werden, die häufigsten Formen sind die der Hepatitis-Erreger A bis E. Die Übertragungswege sind unterschiedlich, ebenso die Verlaufsformen. Problem bei den berichteten Fällen: Bisher konnte kein eindeutiger Erreger isoliert werden. Es verdichtet sich die Vermutung, dass ein Adenovirus für die unklaren Hepatitis-Fälle verantwortlich sein soll.
In den Vereinigten Staaten konnte aus Fällen in Alabama eine Vorerkrankung mit Durchfall, typisch für Adenoviren, als gemeinsame Erkrankung der Betroffenen isoliert werden. Gesichert ist diese Theorie jedoch weiterhin nicht. Sehr unwahrscheinlich erscheinen den Forschern Auslöser wie Covid-Impfnebenwirkungen (die betroffenen Kinder waren gar nicht gegen COVID-19 geimpft), das PIMS-Syndrom nach Corona oder eine Autoimmunreaktion.
Epidemiologisch vermuten Mediziner als begünstigenden Umstand für die Infektion die strenge Isolation der Kinder während der Lockdowns und der damit verbundenen geringen Auseinandersetzung mit Viren aller Art. Nach den Lockerungen trifft nun ein zu wenig trainiertes Immunsystem auf unbekannte Erreger.
Typische Hepatitis-Symptome im Kindesalter sind allgemeines Unwohlsein mit Bauchschmerzen, Durchfall und Übelkeit, Gelbfärbung der Augen und der Haut, dunkelbraunem Urin mit gleichzeitig entfärbtem, grauweißem Stuhl. In England wurden Eltern bereits öffentlich sensibilisiert, auf diese Symptome zu achten.
Obwohl das Robert-Koch-Institut zu erhöhter Aufmerksamkeit mahnte und die betroffenen Fachgesellschaften der Kinder- und Jugendärzte informierte, seien in Deutschland bisher keine Fälle der ungeklärten Hepatitis berichtet worden.
Es ist zu befürchten, dass es nicht dabei bleibt.
Weitere Quellen:
Bericht der ECDC (Europäische Behörde für Seuchenkontrolle)
Bericht des Guardian vom 23.4. (Register Wall)
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