Deutschlands Tuberkulose-Fallzahlen gingen 2021 nicht so stark zurück wie zuvor. Mit der Corona-Pandemie und Geflüchteten aus der Ukraine kommen neue Herausforderungen auf die Gesundheitsämter zu.
In Deutschland gehen die Tuberkulose-Fallzahlen weiterhin zurück, allerdings nicht mehr so deutlich wie in den Jahren davor. Dem RKI wurden im Jahr 2021 in Deutschland 3.896 Tuberkulose-Neuerkrankungen übermittelt (Datenstand: 15. März 2022), 6 Prozent weniger als im Jahr 2020. Im Jahr 2020 lag die Fallzahl noch knapp 14 Prozent niedriger als 2019. Von Niedriginzidenzländern wie Deutschland wird erwartet, dass die Fallzahlen bis 2035 unter 1 Fall pro 100.000 Einwohner sinken, dafür ist eine jährliche Abnahme um mindestens 10 Prozent erforderlich.
Das Epidemiologische Bulletin des RKI steht in seiner aktuellen Ausgabe ganz im Zeichen der Tuberkulose. Ein Editorial gibt einen Überblick zur internationalen und nationalen Entwicklung, der aktualisierte RKI-Ratgeber zur Tuberkulose bündelt die wesentlichen Informationen für Fachkreise und ein Beitrag von RKI-Forschenden analysiert den Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die epidemiologische Tuberkulosesituation 2020.
Weil bei klassischen Symptomen wie länger bestehendem Husten, Nachtschweiß, Fieber und Gewichtsverlust auch an Tuberkulose gedacht werden muss, ist die Aufmerksamkeit der Ärzteschaft – sei es in der Versorgung oder in den Gesundheitsämtern – entscheidend für die erfolgreiche Tuberkulosekontrolle. Die Gesundheitsämter tragen entscheidend dazu bei, dass Erkrankte früh diagnostiziert und leitliniengerecht behandelt werde. Auch infektionsgefährdete Personen im engen Patientenumfeld sollten untersucht, aufgeklärt und bei Bedarf vorbeugend behandelt werden.
Zunehmend unterstützt auch die Genomsequenzierung von Tuberkuloseerregern die Gesundheitsämter. Im RKI werden die Genomsequenzen mit den Meldedaten einzelfallbasiert verknüpft (Integrierte Molekulare Surveillance). Durch diese Integration können Tuberkulose-Ausbrüche und Übertragungsketten besser erkannt und früher gestoppt/unterbrochen werden. Auch werden wichtige Erregereigenschaften wie Resistenzen systematisch erfasst. Dies verbessert insbesondere bei multiresistenten Erregern die Therapie.
Trotz der erschwerten Bedingungen durch die Pandemie haben in Deutschland die Strukturen der Tuberkulosekontrolle weiter gut funktioniert. „Jedoch hat die Krise die Schwachstellen des öffentlichen Gesundheitswesens deutlich sichtbar gemacht“, heißt es im Editorial des Bulletins.
„Eine kontinuierliche Besetzung der Gesundheitsämter mit gut ausgebildetem und geschultem Personal und die Umsetzung einer flächendeckenden Digitalisierung sind unverzichtbare Voraussetzungen, damit der Infektionsschutz auch künftig für die alltäglichen und zusätzlichen Anforderungen gerüstet ist“, so die Autoren.
Die aktuellen Herausforderungen durch die Versorgung von geflüchteten Menschen machen diesen Bedarf noch dringlicher. Die Tuberkulosekontrolle bedarf einer multidisziplinären Zusammenarbeit aller Akteure.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Robert-Koch-Instituts. Die aktuelle Ausgabe des Epidemiologischen Bulletins haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: CDC, Unsplash