Verschiedene seltene Krankheiten schwächen das Immunsystem – die Zellbiologie und Genetik dahinter haben Forscher jetzt untersucht. Die Ergebnisse erlauben Rückschlüsse auf den Reaktionsprozess des Immunsystems.
In Laborversuchen mit seltenen Mutation haben Wissenschaftler einen wichtigen Schritt in den molekularen Schaltkreisen innerhalb der B- und T-Zellen aufgedeckt. Obwohl sie seltene Krankheitsmutationen untersuchten, gehen sie davon aus, dass die Ergebnisse auf subtile genetische Variationen in allen menschlichen Populationen hinweisen. Diese könnten dazu beitragen, die individuellen Reaktionen auf Infektionen zu erklären.
Die Forscher konzentrierten sich in ihrer Studie auf die Zellbiologie und Genetik von drei Erbkrankheiten, die als primäre Immunschwächesyndrome klassifiziert werden und durch Mutationen im CARD11-Gen in B- und T-Immunzellen verursacht werden. Menschen mit diesen Syndromen sind nicht in der Lage, eine Immunabwehr gegen Krankheitserreger aufzubauen und neigen zu lebensbedrohlichen Pilzinfektionen, Lungenentzündungen, Infektionen der oberen Atemwege sowie Nahrungsmittel- und Umweltallergien.
Die Krankheiten werden dadurch ausgelöst, dass das Gen CARD11 mutiert ist und dadurch ein Signalweg nicht aktiviert wird. Dieser wäre dafür zuständig, das Immunsystem anzuregen, Krankheitserreger zu erkennen und eine Abwehrreaktion zu starten – er wird übrigens durch die meisten Impfstoffe aktiviert.
Normalerweise kodiert das CARD11-Gen für ein Oligomer. Wenn eine oder beide Kopien eines Gens mutiert sind, wird eine abnormale Form des Oligomers erzeugt und die Auslösung von Schutzreaktionen werde außer Kraft gesetzt. Dabei wird das Oligomer stark beeinflusst, unabhängig davon, ob eine oder beide Genkopien mutiert sind. Um herauszufinden, wie das passiert, konzentrierten sich Joel Pomerantz und sein Team darauf, herauszufinden, bei welchem Schritt der Signalkaskade alle CARD11-Proteinuntereinheiten des Clusters funktionsfähig sein müssen.
Anhand von im Labor gezüchteten T-Zellen mit funktionierenden und mutierten CARD11-Genen verfolgten sie den Proteinspiegel und die Fähigkeit der Zellen, aktiviert zu werden und anderen Immunzellen Signale zu geben. Sie fanden heraus, dass die mutierte Version von CARD11 verhindert, dass sich das Proteincluster öffnet. Wenn es geschlossen ist, kann der CARD11-Cluster anderen Proteinen kein Signal geben, um eine Immunreaktion auszulösen.
Nun blieb die Frage, ob die Öffnungsphase der einzige Schritt ist, der durch das mutierte CARD11-Gen beeinträchtigt wird. Um dies festzustellen, verwendeten die Forscher gentechnisch veränderte T-Zellen, bei denen sich die CARD11-Proteine ständig im offenen Zustand befinden. Dabei fanden sie heraus, dass eine Mutation in CARD11 den Signalweg blockiert, selbst wenn die CARD11-Proteine geöffnet sind.
Die Erkrankungen, die durch CARD11-Mutationen in ihrer schwersten Form entstehen, sind beim Menschen selten. Pomerantz hofft, dass Wissenschaftler eines Tages Gen-Editing-Techniken entwickeln können, um CARD11-Mutationen in Immunzellen dieser Patienten zu korrigieren. Die Ergebnisse könnten eines Tages erklären, warum manche Menschen ein höheres Risiko für schwere Erkrankung haben, wenn sie krankheitsverursachenden Erregern ausgesetzt sind.
„Wenn wir die grundlegenden Mechanismen der Funktionsweise unserer Immunzellen verstehen, werden wir auch besser verstehen, wie genetische Variationen in immunbezogenen Genen in der menschlichen Bevölkerung zu unterschiedlichen immunologischen Auswirkungen führen können“, sagt Pomerantz.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Johns Hopkins Medicine. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: svetjekolem, unsplash