Ein genmodifiziertes Schweineherz schlug zwei Monate lang in einem Menschen – eine bahnbrechende Transplantation. Dann verstarb der Patient. War ein tierisches Virus schuld?
Im Januar 2022 wurde erstmals erfolgreich das Herz eines Schweins in einen Menschen transplantiert (wir berichteten). David Bennett litt zum Zeitpunkt der Transplantation an Herzinsuffizienz im Endstadium und war für eine Humantransplantation nicht geeignet. Das genetisch modifizierte Schweineherz schlug allerdings nur knapp zwei Monate lang – der Patient verstarb am 8. März diesen Jahres (wir berichteten). Nun gibt es neue Erkenntnisse zur Todesursache: Ist ein Schweinevirus für den frühen Tod verantwortlich?
„Zum Todeszeitpunkt war keine klare Ursache bekannt“, kommentierte damals eine Krankenhaussprecherin kurz nach Bennetts Tod. Berichte besagen nun, dass Bennetts Herz vom Porcinen Zytomegalovirus befallen war. „Wir beginnen, zu erfahren, warum der Patient gestorben ist“, sagt der transplantierende Arzt Bartley Griffith, der glaubt, dass das Virus „vielleicht der Akteur war, oder der Akteur sein könnte, der diese ganze Sache ausgelöst hat“.
Eine der größten Herausforderungen aller Transplantationen ist das menschliche Immunsystem – das ist natürlich auch und besonders bei Xenotransplantationen der Fall. Während das genetisch veränderte Schweineherz mit dem Virus im Schwein ohne Probleme und unentdeckt bestehen kann, greift das Virus das menschliche Immunsystem nach der Transplantation trotzdem an. So kann ein auf den Menschen maßgeschneidertes Herz trotzdem zu Problemen führen.
Wenn das Schweineimmunsystem nicht mehr vorhanden ist, um das Virus in Schach zu halten, kann es sich ungehindert ausbreiten und zu Komplikationen wie Organversagen bis hin zum Tod führen. Eine Studie zum Porcinen Zytomegalovirus bei Xenotransplantationen warnte bereits vor den Auswirkungen des Virus auf das Langzeitüberleben nach der Transplantation bei Pavianen. Die Forscher berichteten, dass Tiere mit infizierten Herzen nur einige Wochen überlebten. Verglichen dazu überlebten Tiere mit gesunden transplantierten Herzen über ein halbes Jahr.
Viren in Schweineherzen sind ein bekanntes Risiko bei Xenotransplantationen. Dementsprechend werden sorgfältige Vorkehrungen getroffen. Dr. Joachim Denner, Virologe und Studienleiter, ordnet den Vorfall ein: „Es ist ein latentes Virus und schwer zu erkennen. Aber wenn man die Tiere besser testet, wird das nicht passieren. Das Virus kann nachgewiesen und leicht aus Schweinepopulationen entfernt werden. Leider haben sie kein gutes Testverfahren verwendet und das Virus nicht nachweisen können – das war der Grund. Das Spenderschwein war infiziert und das Virus wurde durch das Transplantat übertragen.“
Nach Angaben der Universität wurde das Schwein zwar mehrmals auf das Virus untersucht, aber die Tests erfassen nur aktive Infektionen. Das latente Virus, das sich im Körper des Schweins verstecken kann, wurde somit nicht erkannt. Die Tests wurden an Nasenabstrichen durchgeführt, das Virus wurde später in der Milz des Schweins nachgewiesen.
Bei einer Routineuntersuchung 20 Tage nach der Operation wurden bereits Spuren des Virus bei Bennett festgestellt. Ein großes Problem: Um den Bluttest auszuführen, brauchte man 10 Tage. Zu diesem Zeitpunkt breitete sich das Virus bereits rasant aus und resultierte in einer möglichen Zytokin-Explosion, so Griffith. Die Ärzte versuchten, den Patienten und das Herz mit dem HIV-Medikament Cidofovir und intravenösem Immunoglobulin zu stabilisieren. Kurzzeitig brachte die Therapie Besserung, eine Woche später verstarb der Patient allerdings trotzdem.
Ein vermeidbarerer Fehler wie dieser könnte sich negativ auf die Zukunft der Xenotransplantation auswirken. Die Fragen bleiben: Hätte man das Virus bereits vor der Transplantation erkennen können? Hätte das Tier gewissenhafter und besser getestet werden müssen? Hätte der Patient länger überlebt, wenn das Herz gesund gewesen wäre? Dennoch kann man die Operation als Erfolg verbuchen. Denn: Bennett hat das Schweineherz nicht abgestoßen, so der aktuelle Stand.
„Die Situation macht uns nicht wirklich Angst, was die Zukunft des Feldes angeht, es sei denn, dieser eine Vorfall wird aus irgendeinem Grund als kompletter Fehlschlag interpretiert“, sagte Dr. Griffith. „Es ist eine Lernkurve. Da wir wissen, dass es diesen Fehler gab, werden wir ihn in Zukunft wahrscheinlich vermeiden können.“
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