Bald dürfen pharmazeutische Dienstleistungen in der Apotheke abgerechnet werden – das klingt dröge, ist aber eine spannende Sache. Als erstes steht wohl die Vergütung der Medikationsanalyse an. Erfahrt hier, wie’s geht.
Das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheke hat 2020 den Weg bereitet (DocCheck berichtete), nun wird die Umsetzung konkreter: Die pharmazeutischen Dienstleistungen sollen noch dieses Jahr von den Apotheken durchgeführt und abgerechnet werden dürfen.
Viele Verhandlungen wurden im Vorfeld mit den Krankenkassen geführt und noch ist nicht ganz klar, was zu welchem Preis abgerechnet werden kann – die Leistungsbeschreibungen der pharmazeutischen Dienstleistungen und die Höhe der Vergütung wird in einem Schiedsverfahren festgelegt – doch immerhin steht schon einmal fest, wie das Abrechnungsprozedere aussehen wird. Die Schiedsstelle besteht aus je fünf Vertretern der Krankenkassen und Apotheker sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. Ihre Entscheidungen werden nach dem Mehrheitsgebot getroffen.
Das Geld kommt aus dem Nacht- und Notdienstfonds (NNF), in den die 20 Cent Aufschlag der Krankenkassen je verschreibungspflichtiger Arzneimittelpackung seit dem 15. Dezember 2021 abgeführt wurden.
Die ABDA hofft, dass zu den durch die Schiedsstelle verkündeten Leistungen wenigstens drei Punkte aufgenommen werden, nämlich die Ziele, die sie im Februar 2021 in ihrem Grundlagenpapier aufgegriffen hatte:
Im ersten Punkt waren sie bereits erfolgreich, denn die Medikationsanalyse zeichnet sich als die erste pharmazeutische Dienstleistung ab, die honoriert werden wird. Das stellte sich beim aktuellen Symposium der Bundesapothekerkammer heraus. Da etwa 7,6 Millionen Bundesbürger ab 65 Jahren täglich fünf oder mehr Arzneistoffe zu sich nehmen, die ihnen verordnet wurden, ist dies auch eine sehr sinnvolle Entscheidung. Bei der Medikationsanalyse sichtet der Apotheker zuerst alle Medikamente, die der Patient einnimmt, prüft sie nach AMTS-Richtlinien und gleicht sie mit dem Medikationsplan ab, der dem Patienten vorliegt. Bei Problemen wird das Gespräch mit Patienten und Arzt gesucht und zum Schluss ein Medikationsplan erstellt, der stimmig ist.
Die Abrechnung wird auf einem Vordruck (SB-pDl) stattfinden, der dem Muster-16-Kassenrezept ähnelt:
Pro Vordruck – der nicht personalisiert ist, sondern auf den die Daten der jeweiligen Apotheke über das System noch aufgedruckt werden müssen –, dürfen bis zu drei Dienstleistungen für einen Patienten abgerechnet werden. Die Abrechnung erfolgt etwas anders, als gewohnt, nämlich nicht monats-, sondern quartalsweise. Die Belege müssen daher rechtzeitig im Abrechnungszentrum eingehen, damit sie noch für das aktuelle Quartal gültig sind. Werden die SB-pDl ein Quartal zu spät eingereicht, können sie zwar noch abgerechnet werden, aber erst in dem Quartal, in dem sie angekommen sind. Die Vergütung dafür erfolgt also einige Monate später und die Anrechnung erfolgt ebenfalls bei der Ausschüttung über das Budget des Folgequartals. Werden die SB-pDl noch später eingereicht, dann sind sie nicht mehr abrechenbar. Die Leistungen werden zeitgleich mit der Notdienstpauschale zum Ende des Folgequartals ausgezahlt.
Dass die SB-pDl im jeweiligen Abrechnungszentrum eingereicht werden und nicht direkt beim Nacht- und Notdienstfonds, über den sie bezahlt werden, hat ebenfalls einen wichtigen Hintergrund: Datensicherheit. Auf dem Vordruck sind ja die Sozialdaten der Patienten vermerkt, die nicht an den NNF weitergeleitet werden dürfen.
Wie man außerdem sieht, gibt es beim Kostenträger, den Versichertendaten und der Apotheken-IK, der Kostenträgerkennung und der Versichertennummer keine Unterschiede zum Muster-16-Rezept. Sollte der Patient, der die pharmazeutischen Dienstleistungen in Anspruch genommen hat, nicht gesetzlich, sondern privat versichert sein, muss eine Pseudo-Nummer bei der Kostenträgerkennung (999999994) und der Versichertennummer (A000000002) eingegeben werden.
Das Taxfeld sieht wieder vertraut aus. Auf den Positionen 1 bis 3 muss die Sondernummer der jeweilig erbrachten pharmazeutischen Dienstleistung aufgedruckt werden. Dabei ist der Faktor immer 1 (denn eine Leistung wird nicht doppelt erbracht), und das Taxfeld wird, wie das Gesamtbrutto und die Zuzahlung, immer mit 0 bedruckt. Da diese Vorgaben bereits fest sind, ist davon auszugehen, dass der Erlös der pharmazeutischen Dienstleistung etwas mit der Gesamtzahl der Dienstleistungen zu tun haben kann, die innerhalb des jeweiligen Quartals durch alle Apotheken erbracht wurden.
Man kann also im Vorfeld nicht genau wissen, was man für die erbrachte Leistung tatsächlich aus dem Topf des NNF erhält. Daher ist es natürlich auch nicht möglich, dem Patienten eine korrekte Zuzahlung zu errechnen, die bei Arzneimitteln meist zwischen 5 und 10 Euro liegt, je nach dem, welchen Wert das erhaltene Medikament hat. Der Apotheker, der die pharmazeutische Dienstleistung erbracht hat, muss den SB-pDl in dem Feld unterschreiben, in dem sonst die Arztunterschrift steht.
Die Fragen, die im Raum stehen, sind also weiterhin: Was wird alles als pharmazeutische Dienstleistung vergütet und wann geht’s los? Immerhin beim Zeitpunkt der Einführung zeigt man sich bei der Apothekerschaft optimistisch. Hans-Peter Hubmann, stellvertretender Vorsitzender des DAV, sagte kürzlich in einem Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung, er rechne damit, dass die Dienstleistungen schon bald starten können. In jedem Fall gehe er vom 2. Halbjahr 2022 aus. Wir dürfen gespannt sein, ob diese Prognose zutrifft.
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