Darmmikroben regulieren die exokrinen und endokrinen Funktionen des Pankreas und die Hormonproduktion des Magen-Darm-Trakts. Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung potenzieller Behandlungen für Diabetes beitragen.
Frühere Studien haben gezeigt, dass sich die Zusammensetzung der Darmmikrobiota im Zusammenhang mit Diabetes und Übergewicht verändert. Die Rolle dieser veränderten Darmmikrobiota auf die Wirtsfunktionen – von der Hormonsekretion bis hin zu den Stoffwechselfunktionen – bleibt jedoch unklar.
Ein Forscherteam des Boston College, des Joslin Diabetes Center und der Universität Maastricht in den Niederlanden untersuchte nun anhand von Mausmodellen für Fettleibigkeit und Diabetes die Rolle der Darmmikroben auf die Funktion des Pankreas. Ihre Ergebnisse erschienen in der Zeitschrift Diabetes.
Das Team setzte zwei gängige Antibiotika, Vancomycin und Metronidazol ein, um die Darmmikrobiota von Mäusen, die mit einer fettreichen Diät gefüttert worden waren, und einer Kontrollgruppe, die mit einem ausgewogenen Futtermittel gefüttert wurde, umzugestalten. Infolgedessen waren diese Mäuse nicht nur fettleibig, sondern auch insulinresistent wie Patienten mit Typ-2-Diabetes.
Die übergewichtigen Mäuse mit umgestalteten Darmmikrobiota waren weniger zuckerkrank und hatten eine höhere Glukosetoleranz als fettleibige Mäuse, die keine Antibiotika erhielten. Ebenso machte die Antibiotikabehandlung die normalgewichtigen Mäuse noch insulinempfindlicher.
„Diese Übereinstimmung unserer Ergebnisse sowohl bei normalgewichtigen als auch bei fettleibigen Mäusen deutet darauf hin, dass die Auswirkungen auf den Wirtsstoffwechsel unabhängig von der Ernährung und/oder der Fettmasse sind, sondern direkt mit der veränderten Zusammensetzung der Darmmikrobiota zusammenhängen“, so Emrah Altindis, Assistenzprofessor für Biologie am Boston College und Mitautor des Berichts.
Darüber hinaus vergrößerte die fettreiche Diät die Bauchspeicheldrüse in der Gruppe der fettleibigen Mäuse. Nach einer Antibiotikabehandlung normalisierte sich die Größe aber wieder, berichtet das Team. Vor allem die für die Verdauung wichtigen Enzyme des Pankreas wurden durch die fettreiche Ernährung verändert, kehrten aber nach der Antibiotikabehandlung auf ein normales Niveau zurück oder wurden weiter verändert.
Diese Veränderung der Pankreasenzyme war spezifisch für fettleibige Mäuse und wurde bei den normalgewichtigen Mäusen nicht beobachtet. Das Ergebnis bestätigte die schädlichen Auswirkungen einer fettreichen Ernährung auf die Funktion der Bauchspeicheldrüse. Bei den fettleibigen Mäusen, die mit Antibiotika behandelt wurden, stellte das Team fest, dass die vom Magen-Darm-System produzierten Darmhormone – die für die Regulierung des Stoffwechsels von zentraler Bedeutung sind – auf normale Werte zurückkehrten, die mit denen von schlanken Mäusen vergleichbar waren.
Um zu prüfen, ob die Auswirkungen auf die Darmhormone auf die Darmmikrobiota zurückzuführen sind, wendeten sich die Forscher einem keimfreien Mausmodell zu, das keine Mikroben trägt. „Als wir die Darmmikrobiota von mit Antibiotika behandelten Mäusen in den Darm von keimfreien Mäusen übertrugen, zeigten diese alle bei den Spendermäusen beobachteten Wirkungen, was zeigt, dass die Darmmikroben für diese Wirkungen auf die Darmhormone verantwortlich sind und die Produktionsprozesse der Darmhormone des Wirts direkt regulieren“, so Altindis.
Ihre Beobachtungen prüften sie auch bei menschlichen Patienten. Dazu untersuchte das Team Stuhlproben von insulinresistenten, fettleibigen Männern, die eine Woche lang mit Vancomycin behandelt worden waren. „Wir konnten zeigen, dass eine einwöchige Vancomycin-Behandlung ausreicht, um die Enzymwerte in der Bauchspeicheldrüse zu verändern – ein sehr ähnliches Ergebnis wie bei den Mäusen“, sagte Altindis. „Wir arbeiten an Folgestudien, um die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen und spezifische Bakterienarten und -produkte zu identifizieren, die zu diesen funktionellen Veränderungen führen.“
Die Ergebnisse des Teams könnten einen neuen Weg eröffnen, um das Zusammenspiel zwischen Darmmikroben und des Pankreas besser zu verstehen, so Altindis. Langfristig könnten diese Erkenntnisse dazu beitragen, neue Therapien auf der Grundlage der Darmmikrobiota zu entwickeln, um die Funktion der Bauchspeicheldrüse bei fettleibigen Diabetespatienten zu normalisieren.
Altindis: „Unseres Wissens ist dies die erste Studie, die zeigt, dass Darmmikroben eine so wichtige Rolle bei der Regulierung der Bauchspeicheldrüsenfunktion, der Pankreasgröße und der Sekretion von Darmhormonen bei Mäusen spielen.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Boston College. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Manuel Nägeli, unsplash