Forscher haben untersucht, ob eine erhöhte Proteinzufuhr im Kindesalter einen Effekt auf die zukünftige Körpergröße hat. Dabei entdeckten sie einen interessanten Unterschied zwischen den Geschlechtern.
Nicht wenige junge Männer wünschen sich einen Zuwachs an Körpergröße. Junge Frauen hingegen sehen es häufig als problematisch an, wenn ihre Körpergröße 1,80 Meter überschreitet. In einer Langzeitstudie der Uni Bonn untersuchten Forscher nun, ob und wie Jungen und Mädchen von einer erhöhten Proteinzufuhr profitieren. Dazu wurden Daten von 1.000 gesunden Kindern, Jugendlichen und junge Erwachsenen vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter erhoben. Die seit 1985 durchgeführten Untersuchungen umfassten neben Ernährungsprotokollen auch regelmäßige Urinsammlungen und spezifische Größenmessungen von Kindern ab ihrem dritten Lebensjahr. Die Proteinzufuhr wurde dabei nicht nur über die Ernährungsdaten, sondern auch durch Messung des Harnstoff-Stickstoffs im Urin kontrolliert.
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen einen deutlichen Geschlechterunterschied. Während sich bei den Jungen und jungen Männern durch eine Steigerung der Proteinzufuhr kein Effekt auf die Körpergröße feststellen ließ, zeigte sich bei den Mädchen ein deutlicher Zusammenhang: Nach den Berechnungen führt ein durchschnittliches Plus von etwa sieben Gramm Eiweiß täglich oberhalb der Zufuhrempfehlungen zu einem Größenzuwachs um einen Zentimeter. Doch warum besitzen Proteine bei Mädchen deutlich wachstumsfördernde Wirkungen und bei Jungen nicht? „Offenbar lassen bei ihnen deutlich stärkere Wirkungen der Geschlechtshormone – unter anderem Testosteron – auf die Wachstumshormon-Achse weniger Spielraum für einen zusätzlichen anabolen Ernährungseffekt durch Protein zu“, erklärt Erstautorin Yifan Hua.
Weiterhin fanden die Wissenschaftler heraus, dass bei Mädchen eine angepasste Proteinzufuhr sogar eine Minderung der Körpergröße um einige Zentimeter bewirken kann: „Wenn keine Zunahme der Körpergröße erwünscht ist, können Mädchen während des Wachstums durch eine an die Empfehlungen angepasste Proteinzufuhr, also durch Verzicht auf eine erhöhte Eiweißaufnahme, sogar eine Minderung ihrer späteren Erwachsenengröße um einige Zentimeter erreichen“, sagt Studienleiter Prof. Thomas Remer.
Die Ernährungswissenschaftler empfehlen eine Proteinzufuhr von etwa 48 Gramm pro Tag für 15- bis 17-jährige weibliche Jugendliche. Allerdings liegt die tägliche Proteinzufuhr in der Realität bei vielen Kindern erheblich darüber. „Mögliche Langzeitkonsequenzen entsprechend hoher Eiweißzufuhren sind bis jetzt noch nicht zufriedenstellend erforscht“, sagt Prof. Remer. „Lediglich für die Knochenstabilität konnten wir in zurückliegenden Untersuchungen positive Zusammenhänge mit einer erhöhten Proteinaufnahme beobachten, sofern die Obst- und Gemüsezufuhr nicht zu gering und damit die ernährungsabhängige Säurebelastung nicht zu hoch war.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Die Originalpublikation findet ihr hier.
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