Sogenannte komplizierte Plaques in der Halsschlagader sind ein wichtiger Risikofaktor für einen erneuten Schlaganfall. Das zeigt eine Studie aus München. Die Ergebnisse könnten die Therapie des Schlaganfalls in Zukunft verändern.
Der Schlaganfall ist weltweit ein wachsendes medizinisches Problem. Allein in Deutschland erleiden jedes Jahr 260.000 bis 280.000 Menschen einen Schlaganfall – umgerechnet alle zwei bis drei Minuten. Schlaganfälle sind die häufigste Ursache von bleibender Behinderung und die zweithäufigste Todesursache nach dem Herzinfarkt.
In bis zu 30 Prozent der Fälle bleibt die Schlaganfallursache auch bei ausführlicher Diagnostik ungeklärt. Das Team des LMU Klinikums hatte zusammen mit Kollegen der Universitäten Freiburg und Tübingen sowie der Technischen Universität München schon 2020 von einem Risikofaktor des Schlaganfalls berichtet: sogenannte komplizierte Plaques in der Halsschlagader.
Plaques sind Ablagerungen an den Innenwänden der Blutgefäße, die zunehmend die Blutgefäße verengen. Plaque-Bestandteile können sich auch ablösen, über die Blutbahn ins Gehirn gelangen und dort Blutgefäße verstopfen. Durch den Sauerstoffmangel stirbt das umliegende Gewebe ab, was zu den Symptomen eines Schlaganfalls führt. Komplizierte Plaques in der Halsschlagader sind Hochrisiko-Plaques, die durch mindestens eines der folgenden Merkmale gekennzeichnet sind:
Die Mediziner haben nun 196 Patienten rekrutiert, die einen Schlaganfall erlitten hatten. Ihr Schicksal wurde über drei Jahre nachverfolgt. Die Frage: Welche Patienten würden eine erneute Durchblutungsstörung des Gehirns erleiden – und könnten die komplizierten Plaques ein Grund dafür sein? 144 Patienten blieben bis zum Ende der drei Jahre dabei. Teilweise flossen aber auch Daten der „Aussteiger“ in die Auswertung ein, zum Beispiel, wenn sie „schon nach einem Jahr einen zweiten Schlaganfall erlitten und sie dann nicht mehr an der Studie teilnehmen konnten oder wollten“, wie Kopczak sagt.
Das Ergebnis: Patienten mit komplizierter Plaque haben gegenüber Patienten ohne eine solche komplizierte Plaque ein 2,5-fach erhöhtes Risiko für einen erneuten Schlaganfall oder eine „transiente ischämische Attacke“, kurz TIA.
Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal Journal of the American College of Cardiology veröffentlicht. „Wir können also erkennen, welche Patienten besonders gefährdet sind, einen erneuten Schlaganfall zu bekommen“, erklärt Kopczak, „und dahinter steckt die wichtigste Frage: Müssen wir diese Menschen anders behandeln? Sollten diese Patienten andere Medikamente bekommen oder eine höhere Dosierung? Sollte die Plaque operativ entfernt werden?“
Um diese Frage zu beantworten, planen die LMU-Mediziner eine entsprechende Studie. Eine OP-Methode zur operativen Entfernung gibt es bereits. Sie wird genutzt für Patienten mit Plaques, die ein Blutgefäß um mehr als 50 Prozent verengen. Vielleicht profitieren aber auch Patienten mit einer komplizierten Plaque wie in der aktuellen Münchner Studie, die allesamt keine hochgradigen Verengungen aufweisen.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des LMU Klinikum München. Zur Originalpublikation kommt ihr hier.
Bildquelle: Fatality Duck, unsplash