In Europa häufen sich die Fälle von Affenpocken. Das RKI mahnt nun auch deutsche Ärzte zu erhöhter Wachsamkeit. Lest hier mehr zur aktuellen Lage.
Anfang Mai diagnostizierten Ärzte im Vereinigten Königreich einen ersten Fall von Affenpocken. Die betroffene Person war zuvor aus Nigeria eingereist. Seither wurden im Vereinigten Königreich sechs weitere Fälle bekannt. Das Besondere: Diese Personen waren weder gereist, noch hatten sie Kontakt zu bekannten reiseassoziierten Fällen. Die Infektionsquelle ist daher unklar. Inzwischen gibt es auch Fälle in Portugal, Spanien, USA und Kanada. Allein in der Region Lissabon haben die dortigen Gesundheitsbehörden inzwischen rund 20 Verdachtsfälle registriert, heißt es in einer Mitteilung. In den meisten Fällen handele es sich dabei um Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Schwere Verläufe habe es bisher aber nicht gegeben.
Affenpocken sind eine Zoonose mit gelegentlichen Infektionen beim Menschen, die in der Regel in Gebieten Zentral- und Westafrikas auftreten. Sie wird durch das Affenpockenvirus verursacht, welches durch Tröpfchenexposition und durch Kontakt mit infizierten Hautverletzungen oder kontaminierten Materialien übertragen wird. Reservoirtiere in afrikanischen Endemiegebieten sind nicht Affen, sondern vermutlich Nagetiere.
Die Inkubationszeit beträgt 7-17 Tage. Das 4-tägige Prodromalstadium umfasst Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Arthralgien, Myalgien und seltener (30% der Fälle) unproduktiven Husten. Nach weiteren 1-3 Tagen kommt es zum Auftreten eines pockenförmigen Exanthems, das meist im Gesicht beginnt. Die Knoten entwickeln sich schließlich zu flüssigkeitsgefüllten Bläschen (stadium vesiculosum). Nach weiteren 3 Tagen bilden sich aus den Bläschen eitrige Pusteln mit zentraler Eindellung. Diese können konfluieren und Borken bilden, die nach 12-14 Tagen von selbst abfallen und typische Narben hinterlassen.
Typisch für die Affenpocken ist die ausgeprägte Lymphadenopathie (vor allem der Hals- und Leistenregion). Bei nicht pockengeimpften Personen können zusätzlich Laryngitis, Tonsillitis und Konjunktivitis auftreten. Die Krankheit verläuft in der Regel milder als die klassischen Pocken (Variola-Virusinfektion), aber gerade bei sehr jungen und/oder immungeschwächten Patienten sind gerade in Endemiegebieten auch schwere Verläufe und Todesfälle möglich.
Angesichts der steigenden Zahl der Fälle mahnt nun auch das RKI deutsche Ärzte zu erhöhter Wachsamkeit. „Bei einem verdächtigen klinischen Bild sollte insbesondere bei Reiserückkehrenden aus (West-)Afrika eine Affenpockeninfektion in Betracht gezogen werden“, heißt es in einer Mitteilung des RKIs. „Angesichts der autochthonen Übertragungen im VK sollten Affenpocken auch bei Personen ohne bekannte Reiseanamnese mit unklaren pockenähnlichen Effloreszenzen (in Abgrenzung von Windpocken etc.) in die erweiterten differenzialdiagnostischen Überlegungen einbezogen werden.“ MSM mit ungewöhnlichen Hauteffloreszenzen oder Läsionen sollten unverzüglich eine medizinische Versorgung aufsuchen, so das RKI. Eine mögliche Therapieoption, vorallem für immungeschwächtePatienten, sei seit Januar 2022 auch in der EU zugelassen: Tecovirimat. Bisher sei das Medikament aber nicht breit verfügbar.
Da beim Affenpockenvirus eine Kreuzimmunität mit dem Variola-Virus besteht, bietet sich als Prophylaxe die Pockenimpfung an. Frühere Daten aus Afrika deuten darauf hin, dass der Pockenimpfstoff bei der Vorbeugung von Affenpocken zu mindestens 85 % wirksam ist. Das Problem ist allerdings, dass weite Teile der Weltbevölkerung mittlerweile keinen durch die früheren Pockenimpfungen vermittelten Impfschutz mehr haben. Nach einer großen Impfkampagne gelten die Pocken des Menschen seit 1980 weltweit als ausgerottet.
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