Kurzkettiges Fettsäureacetat aus der Darmmikrobiota schützte einer Studie zufolge Mäuse vor dem Respiratorischen Synzytial-Virus. Zukünftig könnte er auch bei Kindern zum Einsatz kommen.
Derzeit gibt es keine spezifischen Behandlungen für Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV). In bestimmten Fällen, z.B. wenn ein Frühchen infiziert ist, wird der monoklonale Antikörper Palivizumab empfohlen, um eine Lungenerkrankung zu verhindern. Allerdings ist diese prophylaktische Behandlung sehr teuer. Brasilianischen Forschern zufolge könnte ein Wirkstoff aus dem Darmmikrobiom eine Rolle bei der Kontrolle schwerer RSV-Infektionen in den Atemwegen spielen.
In früheren Experimenten haben die Forscher verschiedene Strategien angewandt, um die Darmmikrobiota von Mäusen zu verändern, z. B. durch die Verabreichung von Antibiotika und die Erhöhung des Ballaststoffanteils in der Nahrung, und anschließend untersucht, wie der Organismus auf RSV reagierte. „Die Resistenz gegen die Infektion nahm zu, wenn die Mikrobiota mehr kurzkettige Fettsäuren, insbesondere Acetat, produzierte“, so Marco Aurélio Ramirez Vinolo, Co-Autor des Artikels und einer der Hauptautoren der Studie. Vinolo ist Professor am Institut für Biologie der Universität Campinas (IB-UNICAMP) im Bundesstaat São Paulo, Brasilien. Labortests, bei denen die Zellen mit diesem Acetat behandelt wurden, ergaben ebenfalls vielversprechende Ergebnisse.
Bei diesen Tests wurde jedoch ein im Labor gezüchteter Virusstamm verwendet, der sich von dem unter Menschen zirkulierenden unterscheidet. Um diese Einschränkung zu beheben, entnahmen die Forscher für die jüngste Studie Proben des Virus von zwei Kindern, die im Krankenhaus von São Lucas, das von der PUC-RS betrieben wird, behandelt wurden und brachten sie auf kultivierte Zellen auf, die zuvor mit Acetat behandelt worden waren. Die Ergebnisse zeigten einen geringeren Zelltod und eine Reduktion der Viruslast um 88 %.
Die Analyse dieser Zellen zeigte auch, dass das Acetat die Produktion antiviraler Moleküle aktiviert, von denen sich RIG-I als besonders wirksam gegen RSV erwies. In Zellen ohne RIG-I konnte das Acetat das Fortschreiten der Infektion nicht verhindern.
In einem nächsten Schritt wurden Mäusen Virusproben von den Kindern eingeimpft. Nach der Infektion wurde den Mäusen Acetat intranasal verabreicht. Auch hier wirkte sich das Acetat positiv aus: Es reduzierte die Viruslast um 93 % und milderte die Entzündung der Atemwege. Die Mäuse nahmen nach der Behandlung auch schneller wieder an Gewicht zu.
In Zusammenarbeit mit Ana Paula Duarte de Souza und Renato Stein, beide Professoren an der PUC-RS, wurden dreißig Säuglinge im Alter von weniger als 12 Monaten rekrutiert, die wegen RSV-Bronchiolitis im Krankenhaus von São Lucas stationär behandelt wurden. Von 17 der Säuglinge wurden Stuhlproben entnommen. „Wir analysierten die Zusammensetzung ihrer Darmmikrobiota und bestimmten den Gehalt an kurzkettigen Fettsäuren“, so Vinolo.
Es zeigte sich, dass höhere Acetatwerte mit einer weniger schweren Atemwegserkrankung verbunden waren, insbesondere mit einer höheren Sauerstoffsättigung und weniger Tagen mit Fieber. „Diese Art von Studie deutet auf einen Zusammenhang hin, garantiert aber nicht, dass es sich um Ursache und Wirkung handelt“, sagte Vinolo. „Dennoch liefert sie ein zusätzliches Argument für weitere Untersuchungen.“ Um ihre Ergebnisse zu bestätigen, entnahmen die Forscher Zellen aus den oberen Atemwegen der gleichen Babys und behandelten sie im Labor mit Acetat. Wie zuvor sank die Viruslast und die Aktivität der antiviralen Moleküle nahm zu.
Vinolo ist der Ansicht, dass die Gruppe genügend Beweise gesammelt hat, um mit klinischen Studien zu beginnen, die die Sicherheit und den Nutzen der Verwendung von Acetat zur Vorbeugung oder Kontrolle von Bronchiolitis überprüfen sollen. „Wir planen dies schon seit einigen Jahren, aber die Pandemie war ein Hindernis. Wir wollen die erste Studie im Jahr 2022 abschließen, möglicherweise mit einer intranasalen Behandlung“, sagte er.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der São Paulo Research Foundation. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Susan Wilkinson, unsplash