Eine Schwangere wird am Entbindungstermin wegen Präeklampsie stationär aufgenommen. Einen Tag später beginnt ein fulminanter Verlauf.
Eine 32-jährige, bisher gesunde Frau (mit Wurzeln in Subsahara-Afrika), kommt am errechneten Geburtstermin zur Kontrolle in den Kreißsaal. Dort werden ein erhöhter Blutdruckwert von 180/100 mmHg und eine Proteinurie diagnostiziert. Auf Nachfrage gibt die Patientin an, bereits seit 1 bis 2 Wochen erhöhte Blutdruckwerte zu haben, außerdem lagere sie Wasser ein. Es bestünden weder Oberbauchbeschwerden, noch Augenflimmern, jedoch ab und zu Kopfschmerzen und Übelkeit.
Die Patientin, eine Zweitgravida mit Z. n. Sectio, wünscht eine spontane Geburt und es wird der Einleitungsversuch besprochen. Da sich jedoch die Blutdruckwerte nur mäßig senken lassen und es zu keinem adäquaten Geburtsfortschritt kommt, wird die Indikation zur Sectio gestellt, der die Patientin zustimmt.
Es kommt ein lebensfrischer Junge zur Welt. Da sich die arterielle Hypertonie postoperativ nicht einstellen lässt, wird die Patientin noch am selben Tag auf die medizinische Intensivstation verlegt. Am Folgetag klagt die Patientin aus dem Wohlbefinden heraus über eine starke Dyspnoe, die innerhalb kürzester Zeit zum Abfall der pulsoxymetrischen Sauerstoffsättigung führt. Eine massive Schaumförderung und heftiges Erbrechen behindern die assistierte Beatmung. Noch vor der Intubation kommt es zur Asystolie.
Die sofortige kardiopulmonale Reanimation mit erschwerten Intubationsbedingungen kann zwar wieder einen Spontankreislauf herstellen, doch in der wenig später durchgeführten Computertomographie des Schädels finden sich erste Zeichen einer hypoxischen Hirnschädigung. Echokardiographisch zeigt sich eine reduzierte linksventrikuläre Globalfunktion. In den Folgetagen ist die Hirnschädigung progredient und führt zum Hirntod der Patientin.
Während einer Schwangerschaft und im Wochenbett finden große kardiozirkulatorische Veränderungen statt, die normalerweise adäquat von einer gesunden Frau kompensiert werden. Neben vorbestehenden Herzerkrankungen, die während einer Schwangerschaft zu Komplikationen führen können, gibt es Herzmuskelerkrankungen, die sich ausschließlich in der Schwangerschaft oder im Wochenbett manifestieren.
Die peripartale Kardiomyopathie (PPCM) tritt innerhalb der letzten Schwangerschaftswochen und bis zu einem halben Jahr postpartal auf. Man findet eine gehäufte, wahrscheinlich genetische Disposition bei Frauen aus Subsahara-Ländern. In Nigeria beträgt die Inzidenz 1:100, in Haiti 1:299 und in Südafrika 1:1.000, während sie für Europa und den USA auf 1:1.400 bis 1:3.500 geschätzt wird.
Bei der PPCM wurden eine Reihe seltener Mutationen nachgewiesen, die auch bei hereditären Formen der dilatativen Kardiomyopathie beobachtet werden. Weiterhin stand immer wieder die These im Raum, ob es sich um fehlgeleitete Immunprozesse handeln könnte, wobei die genaue Ursache einer PPCM weiterhin unbekannt ist. Neben Risikofaktoren wie erhöhtes Alter, Bluthochdruck, Präeklampsie und Nikotinabusus, findet man eine PPCM auch bei jungen, gesunden und erstgebärenden Frauen.
Das klinische Bild einer PPCM entspricht einer sich schnell entwickelnden Herzinsuffizienz. Unspezifische Symptome wie Müdigkeit, schnelle Erschöpfbarkeit, Ödeme und Palpitationen sind schwer von Schwangerschaftsbeschwerden oder normalen Symptomen, die der Geburts- und Wochenbettsituation geschuldet sind, abzugrenzen. Ein abrupter Beginn und eine schnelle Progredienz dieser unspezifischen Symptome sind immer abklärungswürdig. Das Leitsymptom akute Dyspnoe sollte allerdings sofort hellhörig machen.
Eine zeitnahe Echokardiographie ist weichenstellend: Wird ein vergrößertes Herz mit einer höhergradig eingeschränkten Pumpfunktion dargestellt, denkt man an eine akut-entzündliche Herzerkrankung oder eine PPCM.
Komplikationen können Herzrhythmusstörungen bis zum plötzlichen Herztod sowie arterielle Thromben und Thrombosen sein. Der Unterschied zur klassischen dilatativen Kardiomyopathie ist, dass sich eine PPCM typischerweise in zeitlichem Zusammenhang zu Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett neu entwickelt. Charakteristisch ist die sehr rasche Eskalation über Tage und Wochen.
Auch bei Frauen mit vorbestehender Herzerkrankung sollte bei peripartaler Verschlechterung der Herzfunktion an eine PPCM gedacht werden. Differentialdiagnostisch abgrenzend zu einer Lungenarterienembolie sind bei einer PPCM die linken Herzhöhlen vergrößert, nur selten auch die der rechten Seite.
Basis ist die Standard-Therapie einer herkömmlichen Herzinsuffizienz. Da diese zum Teil in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert ist, sind eine vorgezogene Entbindung und ein Stillverzicht zu erwägen.
Es gibt einen therapeutischen Ansatz mit dem Prolaktinsekretionshemmer Bromocriptin, der sich in Studien erfolgsversprechend zeigt, jedoch in Deutschland noch nicht zugelassen ist. Hintergrund ist die Erkenntnis, dass ein Prolaktinspaltprodukt, das mit der Angiogenese und dem Myokardmechanismus interferiert, möglicherweise die Ursache der fulminanten Herzmuskelerkrankung ist.
Bei einem Verdacht auf eine PPCM ist eine umgehende Kontaktaufnahme mit einem PPCM-Zentrum zu empfehlen. Das größte europäische PPCM-Zentrum befindet sich an der Medizinischen Hochschule Hannover. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Geburtshelfern, Internisten und Intensivmedizinern ist mitentscheidend für die Prognose.
Die PPCM ist potenziell lebensbedrohlich und hat eine eher ungünstige Prognose. Studien aus Haiti und Südafrika berichten über eine Letalität von 15 %. Es erholen sich etwa 80 % der von PPCM betroffenen Frauen, es kommt aber in weniger als einem Drittel zu einer vollständigen Normalisierung von Herzgröße und Pumpfunktion. Nach einem halben Jahr ist die Pumpfunktion bei nur 20 bis 30 % der Fälle wieder normal. Es muss trotz Therapie in mindestens einem Drittel der Fälle von einer inkompletten Heilung und in 10 bis 20 % von einer terminalen Herzinsuffizienz ausgegangen werden.
Klagt eine Schwangere oder eine Wöchnerin über eine rasch progrediente Dyspnoe, ist eine zeitnahe Echokardiograpie zu veranlassen und an eine Herzerkrankung zu denken.
Kristallisiert sich eine Herzinsuffizienzsymptomatik heraus, die durch eine echokardiographische eingeschränkte Pumpfunktion verifiziert wird, sollte das zwar seltene, aber prognostisch ungünstige Krankheitsbild einer peripartalen Kardiomyopathie in Betracht gezogen werden.
Erhärtet sich der Verdacht, ist der Kontakt zu einem PPCM-Zentrum wichtig.
Vielversprechend ist die Gabe des Prolaktinsekretionshemmers Bromocriptin.
Wie bei allen Erkrankungen, die das eigene Fachgebiet überschreiten, ist die produktive, interdisziplinäre Zusammenarbeit für das Wohl der Patientin entscheidend.
Dennoch kann, wie der klinische Fall zeigt, der Verlauf äußerst fulminant sein.
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