Das Smartphone in der Brusttasche, Kochen am Induktionsherd und Metalldetektoren am Flughafen – sind sie für Menschen mit Herzschrittmachern gefährlich? Was ihr euren Patienten empfehlen könnt, lest ihr hier.
In Deutschland werden jährlich ca. 75.000 Herzschrittmacher und mehr als 20.000 Defibrillatoren (ICD) implantiert. Bei vielen Patienten, aber auch Ärzten kommt die Frage auf, wie störanfällig die Implantate, die den Herzrhythmus vorgeben, ihn synchronisieren oder die malignen Rhythmusstörungen überstimulieren oder defibrillieren, in der Nähe von elektromagnetischen Feldern sind. Als praktische Beispiele sind Mobilfunk, Elektromotoren, Induktionsherde und Kernspin-Untersuchung zu nennen.
Die implantierten Devices verfügen über eine Art Abschaltmechanismus, um unnötige Impulse zu vermeiden – zum Beispiel wenn die Geräte Fehlfunktionen zeigen. Hält man einen starken Magneten vor die Geräte, wechseln sie in den sogenannten Magnetmodus. Ein Herzschrittmacher stimuliert dann „blind“, ohne den natürlichen Herzrhythmus zu beachten. Ein implantierter Defi kann dann ventrikuläre Tachykardie oder Kammerflimmern nicht mehr feststellen und beenden.
Mobilfunkgeräte: Mobilfunkgeräte trägt heute fast jeder am Körper. Seit vielen Jahren wird geraten, das Gerät nicht direkt über dem Schrittmacher oder ICD zu tragen. Zum Beispiel rät der Hersteller Apple seinen Kunden, mit verschiedenen Geräten mindestens 15 Zentimeter Sicherheitsabstand zu den kardialen Implantaten zu halten, darunter die iPhones 12 und 13. Apple listet außerdem unter anderem auch Tablets, Laptops, Smartwatches und kabellose Ohrstöpsel auf.
Eine aktuelle Studie zeigt allerdings, dass die 15 Zentimeter Abstand, zu denen Apple rät, deutlich übertrieben sein könnten. Die Forschergruppe konnte nur Interaktionen feststellen, wenn das Gerät bei schlanken Patienten direkt über dem implantierten Device auf die Haut gelegt wurde. Zu einer ähnlichen Einschätzung kamen Napp A et al. in einer Stellungnahme, die bereits im Jahr 2019 erschienen ist¹.
Ihrer Einschätzung nach stellen Mobiltelefone und Smartphones inklusive deren Internetfunktion ein sehr geringes Interferenzrisiko für Schrittmacher- und Defibrillatorträger dar. Die Einhaltung eines Mindestabstands zwischen Smartphone und Implantat sei sicher effektiv, aber aufgrund der Telefonie- und Internetfunktion nicht erforderlich. Zu induktiven Mobiltelefonladestationen nach dem Qi-Standard sollten laut der Stellungnahme mindestens 10 cm Abstand eingehalten werden.
Metalldetektoren, Diebstahlsicherungen: Für Diebstahlsicherungen in Kaufhäusern oder Metalldetektoren an Flughäfen kann Entwarnung gegeben werden. Hier können Patienten mit Schrittmachern problemlos durchgehen, berichtet Dr. Carsten Israel auf der Pressekonferenz der diesjährigen Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie². In der Stellungnahme aus dem Jahr 2019 wurde dies noch anders bewertet: Es wurde geraten, Diebstahlsicherung möglichst rasch zu passieren und dabei einen Sicherheitsabstand von 60 cm bei Schrittmachern und 40 cm bei implantierten Defibrillatoren einzuhalten.
Induktionsherde: Bei Induktionsherden wird Implantatträgern ein Sicherheitsabstand von mindestens 25 cm empfohlen. Eine normale Herdbenutzung sei somit ohne weiteres möglich¹. In der praktischen Umsetzung ist es laut der Empfehlungen ausreichend, wenn sich die Patienten mit implantierten Devices nicht über die eingeschaltete Herdplatte beugen.
Elektroautos: Die Verbreitung und Nutzung von Elektroautos hat in den letzten Jahren zugenommen. Bereits im Jahr 2018 konnten erste Studien zeigen, dass das Fahren in Elektroautos oder in Straßenbahnen oder Zügen mit starken Elektromotoren für Patienten mit implantierten Devices gefahrlos möglich ist. Auch in weiteren Untersuchungen wurden keine Interaktionen beschrieben.
Kernspin-Untersuchungen: Lange galten implantierte elektronische kardiale Implantate als Ausschlussgrund für die Durchführung einer Kernspintomographie (MRT). Diese Empfehlungen sind inzwischen überholt. Aktuell wird empfohlen, die Indikation zu MRT-Untersuchungen bei Patienten mit implantierten Devices weiterhin streng zu stellen und alternative diagnostischer Verfahren zu berücksichtigen. Eine präzise Planung der MRT-Untersuchung mit adäquaten Monitoring- und Sicherheitsmaßnahmen ist ebenso wichtig.
Allerdings unterstreichen zahlreiche Daten, dass heute MRT-Untersuchungen auch bei Patienten mit implantierten Schrittmacher oder Defibrillator mit hoher Patientensicherheit sowie suffizienter Bildqualität durchgeführt werden können. Die implantierten Device der Patienten, die eine Kernspinuntersuchung benötigen, sollten vorher und nachher abgefragt werden. Je nach Device muss vor der Untersuchung das Gerät in einen MRT-Modus umprogrammiert werden. Nicht untersucht werden sollten allerdings Patienten, denen der Schrittmacher erst kürzlich implantiert wurde und solche, die Metallteile in sich tragen wie ältere Schrittmacherkabel, berichtet Dr. Israel auf der Pressekonferenz der Frühjahrestagung 2022².
Theoretisch können viele elektrische Geräte kardiologische Devices beeinflussen. Allerdings sind seit vielen Jahren alle bekannten medizinischen Devices mit Filter-Technologien ausgestattet, die Interferenzen abschirmen. Somit ist die Gefahr in der Summe gering.
Wichtigstes Mittel zur Vermeidung einer Interferenz ist es, den Abstand zur Quelle des elektromagnetischen Feldes so groß wie möglich und die Expositionsdauer so kurz wie möglich zu halten. Die Devices von Patienten, die eine Kernspinuntersuchung benötigen, sollten vorher und nachher abgefragt werden. Nicht im MRT untersucht werden sollten Patienten, denen der Schrittmacher erst kürzlich implantiert wurde oder die Metallteile in sich tragen.
Weitere Quellen:
Bildquelle: Erik Mclean, Unsplash