Forscher finden den Zusammenhang zwischen der erhöhten Anzahl von Rezeptor-Proteinen im Blut und der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Ein bestimmtes Protein in Blutgefäßzellen ist maßgeblich für die Entstehung von Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen verantwortlich: Kommt der „Thromboxan A2-Rezeptor“ in zu großen Mengen vor, behindert das die Bildung neuer Blutgefäße. Das hat ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Ralf Benndorf von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) herausgefunden. In der Fachzeitschrift Arteriosclerosis, Thrombosis, and Vascular Biology beschreibt er erstmals den zugrundeliegenden Prozess. Die Erkenntnisse könnten dabei helfen, neue Therapiemöglichkeiten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln.
Die Bildung von Blutgefäßen ist ein komplexer Prozess. „Wie die Zahnrädchen in einem Uhrwerk müssen verschiedene hemmende und stimulierende Prozesse genau ineinandergreifen. Dabei spielen Blutgefäßendothelzellen eine entscheidende Rolle. Sie regulieren den Austausch zwischen Blut und Gewebe“, so Benndorf.
Die Forscher untersuchten ein Protein, das für die Blutstillung wichtig ist: Der Thromboxan A2-Rezeptor lässt Blutplättchen zusammenkleben und ist an der Verengung von Blutgefäßen beteiligt. „Von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und krankhaften Veränderungen der Blutgefäße war bereits bekannt, dass sich in ihren Blutgefäßen eine erhöhte Anzahl dieser Rezeptor-Proteine befindet“, so Benndorf weiter. Unklar war jedoch bislang, ob dieser Befund eine klinische Relevanz hat, also ob es einen Zusammenhang zwischen der erhöhten Anzahl und der Entstehung der Erkrankungen gibt.
Genau das konnten die Forschenden in ihrer neuen Studie nun zeigen und dabei ein äußerst komplexes Zusammenspiel entschlüsseln, das von diesem Rezeptor-Protein ausgelöst wird.
Das Problem entsteht, wenn zu viel von dem Protein in Blutgefäßen vorhanden ist: „Der Rezeptor sorgt dafür, dass das entzündungsfördernde Enzym Cyclooxygenase-2 vermehrt gebildet wird. Dieses produziert wiederum Botenstoffe, die den Rezeptor aktivieren“, erklärt Benndorf. Dieses ständige und sich selbst verstärkende Aktivieren des Rezeptors in den Blutgefäßzellen führt dazu, dass die Zellen kaum noch in der Lage sind, neue Blutgefäße zu bilden. Auch die Funktion der Blutgefäßendothelzellen ist so deutlich eingeschränkt. „Unter dem Mikroskop sieht man, wie sich die Zellen unter erhöhter Spannung befinden, wenn die Rezeptor-Dichte erhöht ist“, sagt Benndorf.
Warum das Protein vermehrt in den Blutgefäßzellen von Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorkommt, lässt sich noch nicht mit Gewissheit sagen. „Es handelt sich jedoch um einen vielversprechenden Biomarker und um ein interessantes Ziel für pharmakologische Interventionen“, so Benndorf. Mit Hilfe von Substanzen, die die Wirkung des Rezeptors und des Enzyms blockieren, konnten die schädlichen Effekte in den Zellen wieder aufgehoben werden. „In Patienten, bei denen der Thromboxan A2-Rezeptor in Blutgefäßen in großen Mengen vorkommt, könnte eine gezielte Hemmung des Rezeptors daher eine neue Therapieoption darstellen, um die Gefäßfunktion und -regeneration zu verbessern“.
Erste Wirkstoffe, die auf das Protein abzielen, sind bereits für andere Anwendungen in der klinischen Erprobung. „Zwar sind die Stoffe noch nicht zugelassen, aber die Ergebnisse der klinischen Studien deuten darauf hin, dass sie gut verträglich sind und die Gefäßfunktion verbessern können“, sagt Benndorf. Die aktuellen Untersuchungen fanden in Zellkulturen und Versuchstierstudien statt. Bevor eine Anwendung im Menschen möglich ist, müssen weitere Arbeiten zu einem möglichen therapeutischen Nutzen in präklinischen Krankheitsmodellen erfolgen.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Heather Barnes, unsplash