Forscher haben einen Schlüsselfaktor identifiziert, der Bakterien bei der Anpassung an widrige Bedingungen hilft. Dieser könnte erklären, warum manche Infektionen besonders hartnäckig sind.
Bakterien, die einen Wirt befallen und Infektionen auslösen, müssen sich auch gegen Stressfaktoren wie bspw. Antibiotika durchsetzen. Um überleben zu können, sind die Mikroorganismen jedoch Meister der Anpassung: Jedes Gen in einem Bakterium enthält die Bauanleitung zur Herstellung eines Proteins. Ein Molekül namens Transfer-RNA (tRNA) verwendet diese Anleitung anschließend, um die Proteinproduktion zu regulieren.
Werden Bakterien Stresssituationen ausgesetzt, kann die Proteinproduktion schnell umgestellt werden, um passende Proteine zu generieren. Dieser Anpassungsmechanismus ist unter anderem dafür verantwortlich, dass manche Infektionen – wie Harnwegsinfekte oder Sepsen – besonders hartnäckig sind.
Wissenschaftler stießen während einer Studie nun auf ein bakterielles Enzym, das sich als besonders sensibel gegenüber Umweltstress erwies: Das sogenannte MiaA. Das Enzym schien die Regulation der Proteinexpression maßgeblich zu beeinflussen. „Jede Form von Stress, dem wir den MiaA-defizienten Stamm aussetzten, verursachte eine Reaktion“, so Erstautor Matthew Blango.
„Wir dachten also, dass dieses Protein eine wichtige Rolle bei der Genregulation spielen könnte“. Um herauszufinden, wie wichtig das Enzym für die Vermehrung der Bakterien wirklich ist, erzeugte das Forscherteam eine Version eines besonders pathogenen Bakteriums, dem jedoch etwas entscheidendes fehlte: Das Gen, das für die Kodierung von MiaA zuständig ist. Anschließend infizierten die Wissenschaftler Mäuse mit dem manipulierten Bakterium.
Dabei beobachteten die Forscher, dass Bakterien, denen das Enzym MiaA fehlte, sich schlecht vermehrten und keine Infektion auslösten. Dies geschah auch, wenn die Forscher die Bakterien so manipulierten, dass sie zu viel MiaA exprimierten. „Es scheint eine ‚Grüne Zone‘ zu geben, in der genau die richtige Menge an MiaA eine optimale Stressreaktion ermöglicht“, erklärt Infektiologe Blango. „Ein bisschen Rauschen im System kann also gut sein“, fügt Studienautor Dr. Mulvey hinzu. Ein Unterdrücken des MiaA-Enzyms führte jedoch zu einem Frameshifting – ein Fehler, bei dem die tRNA falsche genetische Codes liefert, die dann in Proteine übersetzt werden. Die Rasterverschiebung führte dazu, dass die Produktion wichtiger Proteine beeinträchtigt wurde und unerwartete Proteine produziert wurden. MiaA scheint also ein Schlüsselfaktor zu sein, der Stressresistenz und Anpassungsfähigkeit von Krankheitserregern maßgebend beeinflusst.
Menschen scheinen außerdem eine Version von MiaA zu exprimieren, die mit bestimmten Krebsarten und Stoffwechselkrankheiten in Verbindung gebracht wird: „Was wir über die Funktionsweise von MiaA gelernt haben, wird wahrscheinlich für die Erforschung von Krebs und anderen nicht-infektiösen menschlichen Krankheiten von Bedeutung sein“, so Studienautor Dr. Matthew Mulvey abschließend.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der University of Utah Health. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Chen Mizrach, unsplash.