Eine Idee aus den 80ern nimmt endlich Form an. In einem Fallbericht wird die Therapie mittels Stammzelltransplantation dargestellt – mit ersten soliden Ergebnissen.
Ein Artikel von Patrick Heinz
Morbus Parkinson ist eine der häufigsten chronisch-degenerativen neurologischen Erkrankungen, charakterisiert durch die Triade Rigor, Tremor und Akinese. Ätiologisch wird eine multifaktorielle Genese angenommen, in der Endstrecke steht der Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra pars compacta.
Bereits seit den 1980er Jahren wurde folgerichtig die Transplantation allogener fetaler dopaminerger Vorläuferzellen als Therapieansatz für Parkinsonerkrankte untersucht, konnte sich jedoch mangels überzeugender Ergebnisse nicht durchsetzen. Eine Arbeitsgruppe um den Neurochirurgen Jeff Schweitzer vom Massachusetts General Hospital berichtete nun über einen interessanten neuen Therapieansatz, mittels iPSC-Technologie.
Die Wissenschaftler stellten den Fallbericht eines medikamentös nur schwer einstellbaren Patienten mit idiopathischem M. Parkinson vor. Nach Einbringen autologer dopaminerger Vorläuferzellen in das bilaterale Putamen konnte über 2 Jahre eine Stabilisierung des Krankheitsverlaufs bei leichter Verbesserung in der motorischen Testung und Reduktion der berichteten Off-Zeit registriert werden. Relevante Nebenwirkungen traten nicht auf.
Aus mittels Hautbiopsie des Patienten gewonnenen Fibroblasten wurden multiple iPSC-Zelllinien hergestellt, hieraus konnte ein bestimmter Zellstamm isoliert werden. Dieser identifizierte Zellstamm durchlief eine in vitro Charakterisierung zu dopaminergen Progenitorzellen. In aufwendigen labor- und tierexperimentellen Untersuchungen mussten mögliche maligne oder neurodegenerative Mutationen ausgeschlossen werden.
Die Neuronen welche aus den Progenitorzellen hervorgingen verhielten sich in vivo hinsichtlich Dopaminsekretion und elektrochemischen Eigenschaften vergleichbar mit Neuronen der Substantia nigra pars compacta. Im Tiermodell konnte ein Überleben der ins Striatum eingebrachten Zellen gezeigt werden.
Es erfolgte die zeitversetzte stereotaktische Implantation von je 4 Millionen dopaminergen Progenitorzellen in das linke bzw. 6 Monate später in das rechte posteriore Putamen des Patienten. Periprozedural erlitt der Patient keine Komplikationen, insbesondere kam es im Bereich der Injektionsstelle zu keiner Einblutung. Eine Immunsuppression war anschließend nicht nötig und der Patient konnte nach unauffälligem Überwachungsintervall am Folgetag entlassen werden.
In den klinischen Verlaufskontrollen verneinte der Patient unerwünschte Ereignisse oder funktionelle Beeinträchtigungen. Zwei Jahre nach erster Intervention konnte klinisch-neurologisch im motorischen Teil des MDS-UPDRS eine Verbesserung des Punktewerts von 38 auf 29 im „On“ festgehalten werden. Statt drei Stunden beklagte der Patient nur noch eine Stunde „Off“-Zeit pro Tag. Die Parkinson-spezifische Lebensqualität wurde im PDQ-39 als deutlich gebessert angegeben.
Objektiv konnte die benötigte L-Dopa-Äquivalenzdosis im Verlauf von 904 mg auf 847 mg reduziert werden. In der Nachbeobachtung zeigte sich bildmorphologisch im 18F-DOPA PET-CT zunächst eine Abnahme der Tracer-Aufnahme von 18F-DOPA im Putamen beidseits als indirektes Korrelat der präsynaptischen dopaminergen Aktivität. Im Verlauf von 18 bzw. 24 Monaten konnte jedoch eine leichte Erhöhung der Tracer-Aufnahme rechtsbetont nachgewiesen werden. Diese Unterschiede wurden als technisch bedingt angesehen.
Radiologisch konnte der Erfolg dieser personalisierten Zelltherapie gegen M. Parkinson gesichert werden. Technisch korrekt im Zielbereich der Putamina eingebracht, überlebten die Progenitorzellen über 24 bzw. 18 Monate.
Die detektierten klinischen Verbesserungen v.a. im motorischen Teil des MDS-UPDRS, die subjektiv verbesserte Lebensqualität des Patienten als auch die um 6 % verringerte L-Dopa-Äquivalenzdosis sind allerdings zurückhaltend zu bewerten. Es bestand zu jeder Zeit eine unverblindete Situation, eine Kontrollgruppe wurde ebenfalls nicht etabliert – zumal diese ethisch schwierig zu vertreten ist.
Erfreulicherweise ergaben sich keine H.a. neoplastische Veränderungen der Zelltransplantate, im Gegensatz zu allogenen Verfahren war auch keine immunsuppressive Therapie nötig. Ökonomisch gesehen wiegen die hohen finanziellen Kosten und der hohe Arbeitsaufwand in der zeitintensiven Produktion der autologen Zelltransplantate schwer.
Um einen positiven klinischen Effekt zukünftig besser einordnen zu können, sind größere (verblindete) Fallserien über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre nötig. Die iPSC-Therapie ist mit bereits etablierten interventionellen Therapieverfahren (tiefe Hirnstimulation, subkutane oder intestinale medikamentöse Pumpentherapie) zu vergleichen.
Den Fallbericht haben wir euch im Text und hier nochmal verlinkt.
Bildquelle: Amisha Nakhwa, unsplash