Arztbesuche mit Kind sind nicht immer einfach. Diese 10 Tipps könnt ihr den Eltern eurer kleinen Patienten mitgeben, damit’s beim nächsten Mal entspannter klappt – für alle Beteiligten.
Als Kinderarzt habe ich einige Dramen in meiner Praxis erlebt. Mit diesen 10 Tipps macht ihr es euch und den kleinen Patienten leichter. Rollen wir die Liste von hinten auf.
Ok, was? Ich soll einen Besuch in einer Arztpraxis machen, obwohl mein Kind gar nicht krank ist? Bin ich wahnsinnig? Da wird es doch nur krank!
Ja, doch. Kinder verstehen Dinge besser, wenn sie die Dinge kennen. Also nimm dein Kind ruhig mal mit, wenn du selbst in deine eigene Praxis musst, oder dein Partner. Egal, ob Zahnärzte, Allgemeinärzte oder Tierärzte.
Wenn ihr neu in der Stadt seid und in eine neue Kinderarztpraxis müsst, empfiehlt es sich, dort einmal vorher vorbeizuschauen, damit euer Kind die Räumlichkeiten kennenlernt. Das Praxisteam hat sicher damit kein Problem (wenn nicht gerade Pandemie ist). Stellt die schönen Dinge heraus, die Einrichtung, die Spielzeugeisenbahn, das Aquarium, manchmal hängen auch Bilder des Praxisteams an der Wand. Geht dein Kind bei deinem eigenen Praxisbesuch mit, zeig dich entspannt und tapfer. Wenn das nicht geht: siehe Punkt Numero 9.
Du hast selbst Probleme mit Ärzten? Dann schick deinen Partner zum Termin. Irgendwie lässt sich das schon einrichten und der Mental Load darf sich ruhig auf alle Schultern der Familie verteilen.
Schreib dir alle Fragen auf, die du hast, wenn eine Vorsorgeuntersuchung ansteht. Wenn ihr einen kurzen Tagestermin habt oder einen Impftermin, stell dich darauf ein, dass die Praxis das genau so plant, also mit wenig Zeit. Fürs Besprechen des aktuellen Problems oder der Impfung ist immer genug Luft. Für komplexere Dinge aber besser einen neuen Termin ausmachen.
Tu dir selbst etwas Gutes vor und nach dem Arztbesuch deines Kindes. Du hast es dir genauso verdient.
Fahr früh los, sei lieber eine Viertelstunde vor dem Termin an der Praxis, wenn du nicht schon vorher reingehen möchtest. So bleibt genug Zeit, einen Parkplatz zu suchen, das Kind abzuschnallen, nochmal aufs Klo zu gehen und sich in Stimmung zu bringen. Kinder sind im Auto manchmal selbst angespannt, also rennt draußen noch ein bisschen herum oder schaut euch die Umgebung an.
Wenn ihr mit den Öffis kommt, plant lieber einen Bus- oder Bahnausfall mit ein, die sind ja nie pünktlich.
Dein Kind verhungert regelmäßig? Jetzt ist eine gute Zeit, etwas zu essen. Die Apfelschnitze, Keksdosen und Quetschis sollten in der Praxis, schon gar im Sprechzimmer, weggepackt bleiben. Eine Frage der Hygiene.
Ganz schlechte Idee: „Ich komme immer später in die Praxis. Was soll ich denn pünktlich sein? Ich muss sowieso mindestens zwei Stunden warten.“ Ja. Verständlich. Aber für das Praxisteam ist das ein Super-GAU, weil Patiententermine damit noch unberechenbarer werden und du nach hinten rutschst.
Ihr müsst zum Impfen? Dann zieh deinem Kind etwas Kurzärmeliges an, einem Säugling eine Hose (hier wird im Oberschenkel geimpft). Bodys oder Kleider sind bei größeren Kindern unpraktisch, da mehr ausgezogen werden muss als notwendig.
Wenn du deinen Partner mit dem Kind zum Arztbesuch schickst, quäle die beiden nicht mit komplizierten Klamotten (Stichwort Wickelbodies), wenn Du sowieso weißt, dass er damit auf Kriegsfuß steht. Wenn du ins Wartezimmer musst, dann entledigt euch bitte eurer Jacken oder Mäntel. Nichts nervt Kinder mehr als wenn ihnen zu warm wird. Gilt auch für Säuglinge.
Noch was: Bitte zieh dir selbst und deinem Kind immer Schuhe an. Barfuß in einer Arztpraxis ist genauso unhygienisch wie dort zu essen.
Bei allem. Beim Einschlafen. Beim zusammen essen. Beim Anziehen. Also auch beim Arztbesuch!
Mach den Besuch zum Spiel: Ihr zählt jedes Mal die Treppenstufen zur Praxis, ihr geht jedes Mal vorher in den Supermarkt oder den Spielzeugladen um die Ecke, um die Belohnung für später (siehe nächster Punkt) auszusuchen, ihr schaut jedes Mal das Conny-oder-wer-auch-immer-Arztbesuchsbuch an (siehe Punkt 2), ihr begrüßt alle fMFAs, die Wartezimmer-Spieltiere und die Fische im Aquarium.
Ein Praxisbesuch braucht keine Riesenbeschenkung, wenn er vorbei ist, also haltet die Belohnungen klein. Ihr müsst euch schließlich steigern können. Letztens kam eine Familie mit einem Legobausatz (ja, einem höherpreisigen) für den Dreijährigen an, weil der seine erste FSME-Impfung bekam. Es reicht eine Kugel Eis, eine Tüte Gummibärchen, ein dicker Kuss oder eine extralange Kuschelrunde.
Viele Praxen haben selbst kleine Belohnungen auf Lager: Traubenzucker, Stempel, Aufkleber, Abzieh-Tattoos, diese gruseligen Plastikmitbringsel und so weiter. Aber Vorsicht: Das sind die Belohnungen der Praxis, bitte versprecht sie nicht, wenn ihr nicht wisst, ob es wirklich davon etwas gibt. „Wie?! Bei Ihnen gibt es nichts geschenkt? Keine Colafläschchen oder so?“ Weinendes Kleinkind.
Das schrieb ich schon: Tu dir selbst etwas Gutes vor und nach dem Arztbesuch deines Kindes. Du hast es dir genauso verdient.
Ein Besuch beim Arzt macht keinen Spaß, das ist ein offenes Geheimnis. Die Kinder müssen sich ausziehen, sie wissen wenig, was passiert und nicht selten gibt es eine Impfung. Verbale Vorbereitung ist daher alles. Verschweigen muss niemand etwas, spiele immer mit offenen Karten. Trotzdem macht der Ton die Musik: Betone, wie schnell eine Impfung geht, wie schnell die Praxis wieder verlassen ist, wie toll die Belohnung danach wird, und vor allem, dass du immer dabei bist.
Mach aus der Sache kein Drama, wo keines ist und benutze bitte keine Verneinungen. „Heute gibt es keine Spritze, versprochen“ ist genauso kontraproduktiv wie „Das tut gar nicht weh“ oder „Der Doktor tut dir nichts“. Ist der rosa Elefant einmal im Raum, bekommt ihn niemand mehr heraus.
„Weißt du noch, das letzte Mal bei Dr. Kinderdok? Da gabs am Ende ein Gummibärchen und wir sind noch lecker Eis essen gegangen. Wenn du magst, spielen wir noch etwas mit der Eisenbahn im Wartezimmer. Ja, heute gibt es eine Spritze. Das geht ganz schnell, ich halte deine Hand dabei, du darfst auch weinen, das ist in Ordnung. Mir tut das auch immer etwas weh, wenn ich eine Impfung bekomme, aber ich freue mich immer, wenn es dann vorbei ist. Klar gehen wir heute wieder ein Eis essen.“
Kinder brauchen Vertrautes um sich, wenn sie in einer unvertrauten oder unsicheren Umgebung sind. Vater oder Mutter alleine als Begleitung reichen da oft nicht aus. Also sollte auf jeden Fall das Lieblingskuscheltier dabei sein. Oder die Oma, der große Bruder oder vielleicht ein Freund aus dem Kindergarten. Jugendliche, die alleine kommen, dürfen gerne die BF mitbringen.
Klar werden Teddys auch mal abgehorcht und in die Ohren geguckt, so viel Zeit muss sein. Vertrautes bedeutet auch, sich anzuziehen, wie man sich wohlfühlt. So habe ich schon kleine Prinzessinnen untersucht, geschminkte Katzen und verkleidete Spidermänner. Das geht auch ohne Fasching. Nur Spiel-Handfeuerwaffen wie NERFs, die sind bei uns verboten.
Es gibt unendlich viele Bücher, die sich mit dem Arztbesuch auseinandersetzen, sei es, dass Ärzte selbst die Stars der Bücher sind, oder dass der Protagonist in eine Praxis muss. Es muss nicht immer Conni sein, auch Benjamin Blümchen war schon Arzt. Wer es realistischer mag: Es gibt auch Bilderbücher mit echten Fotos.
Man kann den Arztbesuch natürlich auch Zuhause vorspielen, nachspielen, Arztkoffer erfreuen sich weiterhin einer großen Beliebtheit auf dem Spielzeugsektor. Erstaunlich, wieviele Kinder das Wort „Stethoskop“ beherrschen. Da werden Kuscheltiere untersucht, Eltern und Großeltern abgehorcht und die Haustiere gesund gemacht. Übung macht den Meister, hier wird der Nachwuchs geboren.
Wie banal: Erkläre deinem Kind immer, was beim Praxisbesuch passiert. Übe das schon, wenn es noch ein Säugling ist, dann kommst du dir später nicht so komisch vor. Komischer wird es nicht, als einem Neugeborenen zu erklären, dass ihr heute zum Arzt geht.
Sprich über den Arztbesuch einen Tag vorher, wiederhole das Ganze am gleichen Morgen, erkläre die Untersuchung und vielleicht auch die Spritze, wenn eine ansteht (das hast du vorher schon geklärt, bitte!) und schwenke dann wieder zu Punkt 4 und sprich über all das Positive, Punkt 5, die Belohnung und wieviel Spaß Conni im Buch von Punkt 2 hatte.
Und wenn ihr wieder draußen seid nach der Untersuchung, sprecht weiter und genießt die Belohnung.
Bildquelle: Nathan Dumlao, unsplash