Biologen ermittelten im Modellorganimus Drosophila melanogaster ein Gen, das weniger gesunde Zellen angreift, um die Gesundheit von Organen zu schützen. Das gezielte Hinzufügen einer weiteren Genkopie optimierte den Prozess und verlängerte die Lebensdauer der Fliegen signifikant.
„Unsere Körper bestehen aus mehreren Billionen Zellen“, erklärt Moreno. „Während wir altern, sammeln sich in ihnen aufgrund von Überbelastungen oder äußerer Störfaktoren, wie der UV-Strahlung der Sonne, immer mehr zufällige Defekte an.“ Aber diese Defekte treten nicht bei allen Zellen zur gleichen Zeit und mit der gleichen Intensität auf, wie er sagt: „Manche Zellen sind stärker davon betroffen als andere. Wir kamen deshalb auf die Idee, dass wir die Gesundheit des Zellgewebes und damit die Lebensdauer eines Organismus erhöhen können, indem wir die gesunden Zellen auslesen und die beschädigten eliminieren.“
Um ihre Hypothese zu testen, griffen die Forscher auf die Fruchtfliege Drosophila melanogaster zurück. Die erste Herausforderung bestand darin, herauszufinden, welches die gesünderen Zellen in den Organen der Drosophila waren. Morenos Team entdeckte ein Gen, das in weniger gesunden Zellen aktiviert wird. Sie tauften es Ahuizotl (kurz: Azot), nach einer Kreatur aus der aztekischen Mythologie, die Fischbestände von Gewässern schützt, indem sie gezielt Fischerboote attackiert – genau wie das neue Gen: Dieses greift gezielt weniger gesunde Zellen an, um die Unversehrtheit und Gesundheit von Organen wie dem Hirn oder den Eingeweiden zu schützen. Normalerweise befinden sich zwei Kopien dieses Gens in einer Zelle. Indem sie eine dritte Kopie einfügten, konnten die Wissenschaftler die gesünderen Zellen und Nervenzellen effizienter aussortieren. Das Resultat dieser zellulären „Qualitätskontrolle“ war laut Moreno „äußerst aufregend“: Die behandelten Fliegen wiesen ein gesünderes Zellgewebe auf, alterten langsamer und hatten eine längere Lebensdauer. „Unsere Fliegen lebten im Mittel um 50 bis 60 Prozent länger als ihre übrigen Artgenossen“, sagt Christa Rhiner, Ko-Autorin der Studie.
Das Potenzial dieser Resultate geht aber über die Erschaffung von Methusalem-Fliegen hinaus, wie die Forscher sagen: Weil das Azot-Gen auch im menschlichen Körper vorkommt, könnte die Selektion gesünderer, fitterer Zellen in den Organen künftig als Mechanismus zur Verlangsamung des Alterns dienen. Beispielsweise könnte damit der im Laufe des Lebens zunehmenden Degeneration von Gewebe und Nervenzellen in unseren Körpern entgegengewirkt werden. Originalpublikation: Elimination of Unfit Cells Maintains Tissue Health and Prolongs Lifespan Eduardo Moreno et al.; Cell, doi: 10.1016/j.cell.2014.12.017; 2015