Es ist wie ein Drahtseile-Akt – verliert man die Balance, so landet man schnell auf dem Boden. So ähnlich geht es unserem Körper, wenn seine Balance zwischen pro-inflammatorischen und anti-inflammatorischen Faktoren aus den Fugen gerät. Die Folgen können chronische Wunden, Schuppenflechte oder eine schlechte Wundheilung sein. Ein wichtiger Risikofaktor dafür sind eine ungesunde Ernährung und Adipositas.1 Eine Leipziger Forschungsgruppe schaute sich nun die Auswirkung von Adipositas auf Entzündungsreaktionen im Detail an und stellte fest, dass dabei das Protein „S100A9“ eine besonders spannende Rolle spielt.
Grob unterteilt gibt es zwei Gruppen von Makrophagen: Die pro-inflammatorischen M1- und die anti-inflammatorischen M2-Makrophagen. Beide Gruppen stehen ständig in einem Gleichgewicht und können je nach Bedürfnis unterschiedlich von unserem Körper gesteuert werden. In der Regel kommt es bei einer Verletzung zunächst zu der Ausdifferenzierung von M1-Makrophagen, die im Rahmen der initialen Immunantwort loslegen. Mit der Zeit sollten dann in einem weichen Übergang immer mehr M2-Makrophagen die Oberhand gewinnen, die Inflammation wird gestoppt und die Reparatur des Gewebes dadurch gefördert. S100A9 zusammen mit vielen gesättigten Fettsäuren kann dieses gut koordinierte Zusammenspiel allerdings stören: Sie lösen eine abnormale Aktivierung und Differenzierung von Makrophagen aus, wodurch Entzündungen nicht abklingen und Reparaturmechanismen in der Haut nicht effektiv ablaufen.1
Die Leipziger Forschungsgruppe kam der Rolle von S100A9 mittels Mausmodellen auf die Schliche. S100A9 scheint demnach maßgeblich dazu beizutragen, dass der Wechsel von M1- zu M2-Makrophagen nicht korrekt abläuft und der Abschluss der Inflammation nicht erreicht wird – die Entzündungsreaktion bleibt und Reparaturmechanismen können nicht ablaufen. Stattdessen sorgen S100A9 und gesättigte Fettsäuren zu einem Ausschütten von TLR4 und inflammatorisch-abhängigen IL-1β in Makrophagen, was wiederrum zu einer Überexpression von S100A9 führt. Ein Teufelskreis gerade bei Menschen mit Adipositas. Im Mausmodell konnte nun gezeigt werden, dass die Inhibition von S100A9 den Kreislauf durchbricht und die zunächst gestörte M2-Makrophagen Differenzierung wieder physiologisch abläuft. Des Weiteren konnte das Forschungsteam demonstrieren, dass die Ernährungsumstellung, bei der gesättigte Fettsäuren reduziert werden, binnen kürzester Zeit zur Normalisierung der Entzündungsreaktionen führt. Bereits nach einer Woche Diät konnten diese Effekte beobachtet werden, selbst wenn es noch nicht einmal zu einer Gewichtsreduktion gekommen ist.1
S100A9 zusammen mit gesättigten Fettsäuren führen zu einer deregulierten Aktivierung von Makrophagen und sorgen so für chronische Entzündungen und einer gestörten Wundheilung in der Haut. Die Forschungsgruppe konnte demonstrieren, dass eine Inhibition von S100A9 die Regulierung von Makrophagen wieder normalisierte. Darüber hinaus stellten sie fest, dass Diäten bei denen wenig gesättigte Fettsäuren aufgenommen werden, bereits nach kürzester Zeit eine Normalisierung von Entzündungsreaktionen zur Folge haben – unabhängig von einer Gewichtsabnahme. Diese Daten bieten nun die Grundlage für klinische Studien und eröffnen die Möglichkeit von neuen therapeutischen Maßnahmen bei inflammatorischen Erkrankungen und gestörter Wundheilung bei Menschen mit Adipositas.
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